Während Asset Manager immer gewaltigere Summen von Kundengeldern an den Finanzmärkten investieren, nehmen die Bedrohungen für das Geschäftsmodell zu. Die Antwort darauf kann nur sein: Digitalisieren.
Die Umwälzungen im Asset Management sind nicht nur fundamental, sie gehen ans Lebendige: Die jüngste Fusions- und Übernahmewelle ist ein deutliches Alarmzeichen für eine Branche, die sich von Bedrohungsszenarien umgeben sieht.
Der scheinbar unaufhaltsame Geldfluss von Investoren in passive Anlagestrategien, allein im ersten Halbjahr 2017 waren es weitere 500 Milliarden Dollar, ist das Epizentrum dieser Bedrohungsszenarien.
Mangelndes Kundenvertrauen
Er bedeutet für den Grossteil der Asset Manager langsameres Wachstum bei den verwalteten Vermögen, sinkende Margen aufgrund des Drucks auf ihre Gebühren, und er impliziert auch mangelndes Vertrauen der Kunden in die Fähigkeiten der Asset Manager, nachdem diese jahrelang mit schlechten Performances die Kundenzufriedenheit einer harten Prüfung unterzogen haben.
Nicht besser wird die Lage der Asset Manager in einem Anlageumfeld mit tiefen und negativen Zinsen und einer Phase der technologischen Revolution, die sie aufgrund ihrer vordringlichsten Probleme zu verpassen drohen.
Digitale Fähigkeiten werden wichtiger
Wenn es einen gemeinsamen Nenner quer durch die gesamte und reichlich heterogene Asset-Management-Branche gibt, dann jenen, dass die digitalen Fähigkeiten eines Vermögensverwalters von zunehmender Wichtigkeit werden.
Und dies bedingt einen Wandel der bestehenden Geschäftsmodelle. Oder um den Digitization-Guru David Rogers zu zitieren: «Denken Sie ihr Geschäft völlig neu.»
Der Berater von Unternehmen wie Google, General Electric und Toyota hat fünf Handlungsfelder ausgemacht, welche für eine erfolgreiche digitale Transformation angegangen werden müssen: Kunden, Wettbewerb und Kooperation, Daten, Innovation und Nutzenversprechen.
Jan Spelsiek, Digitalisierungschef von Allianz Global Investors, hat diese Handlungsfelder für Asset Manager konkretisiert.
1. Individualisieren und personalisieren
Das Geschäft mit Publikumsfonds ist ein anonymer Massenmarkt: «One size fits all» funktionierte mit standardisierten Investmentprodukten lange gut. Im digitalen Zeitalter nicht mehr: Kunden wollen individuelle Investmentlösungen, persönlichen Service und offene Kommunikationskanäle zu ihrem Vermögensverwalter.
Was Asset Manager für ihre institutionelle Kunden bereits seit längerem tun, sollten sie auch Privatanlegern bieten. Wobei auch im institutionellen Geschäft noch viel digitales Entwicklungspotenzial liegt, beispielsweise in der Kommunikation und im Service-Bereich.
2. Nur das Beste ist gut genug
Die Digitalisierung hat die Transparenz bei Angeboten und Dienstleistungen der Asset Manager einerseits massiv erhöht und andererseits zu einem Wettbewerb um die Qualität von digitalen Services geführt. Kunden scheuen die Transaktionskosten für einen Wechsel ihres Asset Managers kaum noch, wenn sie wissen, dass ihnen ein anderer Vermögensverwalter bessere Leistungen und Services zu vergleichbaren oder gar tieferen Preisen bietet.
Asset Manager sind darum gezwungen, digitale Services in marktführender Qualität zu bieten. Können sie dies nicht selber bewerkstelligen, müssen sie diese Dienstleistungen einkaufen oder möglicherweise auch mit Hilfe von Kooperationspartnern entwickeln. Dies bedeutet für Asset Manager zu erkennen, welche Mittel sie zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit wie verwenden: Für eigene Innovationen, Kooperationen oder Outsourcing.
3. Aus Daten Informationen machen
Allein aufgrund ihrer Produktionsprozesse und der sie begleitenden Kommunikation schaffen Asset Manager eine Unmenge von Daten. Das Problem ist dabei noch immer: Viele Asset Manager wissen nicht, wie sie diese Daten in Informationen wandeln können, welche Entscheidungen vereinfacht und deren Ergebnisse verbessert.
Datenanalyse und -interpretation können gerade aktiven Asset Managern entscheidende Vorteile für ihre Investmentprozesse liefern, sofern sie von den entsprechenden digitalen Technologien gestützt werden. Dies gilt auch für die Kundenschnittstelle.
4. Innovieren heisst Experimentieren
Eine Transformation des Geschäftsmodells bedingt den Aufbau eines systematischen Innovationsmanagements. Unabdingbar sind dabei Kenntnisse der Innovationsmethode Design Thinking, da diese den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt.
Essentiell beim Innovieren ist der Einbezug der Kunden. Sprich: Um digitale Neuerungen auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, sind Marktexperimente notwendig. Das ist für Asset Manager nicht besonders aufwendig, da es beim Inhalt der Dienstleistungen immer um ein volldigitalisiertes Gut geht, nämlich börsennotierte Wertpapiere.
5. Stillstand heisst, das Nutzerversprechen nicht einzuhalten
Die digitale Transformation ist nicht abschliessend, sie führt im Gegenteil zu anhaltenden und rascheren Veränderungen. Für Asset Manager bedeutet dies: Auf einem einmal etablierten Nutzerversprechen dürfen sie sich nicht ausruhen. Sie müssen dieses laufend prüfen, weiterentwickeln und gegebenenfalls neu erfinden.
Bedingung hierfür ist nicht nur das frühzeitige Erkennen von digitalen Trends. Asset Manager müssen nahe am Kunden sein und dessen Bedürfnisveränderungen antizipieren, sie müssen das Wettbewerbs- und Kooperationsumfeld genau im Blick haben wie auch die regulatorischen Entwicklungen.