Die weltweit am meisten verwendete Bezahl-App Alipay ist definitiv in der Schweiz angekommen. Dies dank einer gewichtigen Schweizer Verbündeten.
Es ist ein grosser Fisch, den die Schweizer Börsenbetreiberin und Zahlungsabwicklerin SIX da an Land zieht. SIX Payment Services und Alipay, die von chinesischen Ant Financial betriebene Bezahl-App, gaben am Dienstag ihre enge Zusammenarbeit im Bereich von POS- und E-Commerce-Zahlungen in Europa bekannt.
Chinesische Amazon
Ant Financial ist der potente Finanzarm des vom Milliardär Jack Ma mitgegründeten Onlinehändlers Alibaba, sozusagen der chinesischen Amazon. Die von Ant Financial entwickelte Applikation Alipay zählt dank der führenden Stellung in China schon heute 450 Millionen Kunden. Für diese wickelt der Dienst nach eigenen Angaben Zahlungen von insgesamt 860 Milliarden Franken ab – dreimal mehr als die amerikanische Paypal und ein Vielfaches von Apple Pay.
Wie finews.ch berichtete, gingen Kenner davon aus, dass Alipay 2017 in grossem Stil in der Schweiz lanciert werde. Dies, nachdem die deutsche Firma Wirecard schon einen Dienst zur Entgegennahme von Alipay-Zahlungen in der Schweiz angeboten hatte.
Mit der SIX hat aber der chinesische Riese eine noch viel stärkere Hausmacht im Land gewonnen und zudem die entscheidenden «fixen» Terminals im Handel.
Die 300-Milliarden-Dollar-Chance
Die Vereinbarung sieht nämlich vor, dass der Zahlungsdienst von Alipay in die Zahlungs-Applikationen von SIX integriert wird, wie weiter berichtet wurde. Nutzer der chinesischen Bezahl-App werden «demnächst» ihre Zahlungen in ganz Europa an den Zahlterminals von SIX abwickeln können, so die Mitteilung.
Alipay hat in Europa vor allem ihre Stammkunden im Auge: Die chinesischen Touristen, die in immer grösseren Scharen den Alten Kontinent besuchen und die App aus dem Alltag kennen. Touristen aus China haben im letzten Jahr in Europa 2015 rund 292 Milliarden Dollar ausgegeben. Der Höhepunkt dieses Trends ist noch nicht absehbar, so die Mitteilung weiter.
Millionen von chinesischen Touristen dürften in den nächsten Jahren Europa besuchen, so die Hoffnung. Wobei die Schweiz neben Italien und Frankreich als beliebteste Destination gilt.
«Alipay gehört unbedingt ins Portfolio»
Dank der Zusammenarbeit mit SIX hofft Alipay auf den Zugang zu einem breiten Händlernetz in Europa: Die Alipay-Nutzer werden voraussichtlich bei über 110'000 zusätzlichen Händlern in der Schweiz und anderswo bezahlen können.
Jürg Weber, Chef von SIX Payment Services, sagt dazu: «SIX will die beste Partnerin für Händler sein. Mit der Aufnahme von Alipay in unser Portfolio kommen wir diesem Ziel einen Schritt näher. Unsere Strategie zielt darauf ab, alle Arten von Zahlungen zu verarbeiten, und Alipay als schnell wachsende Zahlungsplattform gehört unbedingt in unser Portfolio.»
Viel mehr als nur ein digitales Portemonnie
Mit diesem Statement ist die Front der Schweizer Finanzbranche gegen ausländische Bezahl-Applikationen definitiv ins Wanken geraten. So hatten sich die hiesigen Banken hinter die helvetische Bezahl-App Twint geschart, um dem Dienst Apple Pay des amerikanischen IT-Riesen Apple die Stirn zu bieten.
Gemessen an Alipay ist Apple Pay nur ein Winzling – und die chinesische App will viel mehr sein als nur ein digitales Portemonnaie. So funktioniert sie schon heute als Social-Media- und Unterhaltungsplattform. Gut möglich, dass da auch Schweizer Kunden auf den Geschmack kommen.