Besteht aber nicht die Gefahr, dass Liechtenstein auf Grund seiner Kleinräumigkeit unter einen grossen internationalen Druck gelangen könnte?
(GFvSA): Weltweit existieren vermutlich etwa 50 Jurisdiktionen, die Trusts und Stiftungen anbieten. Insofern ist das nicht ein Privileg Liechtensteins. Entsprechend wird man solche Vermögensstrukturen nicht so leicht abschaffen können. Es gibt keine begründbare Handhabe dafür.
Ausser als Stiftungszentrum profiliert sich Liechtenstein neuerdings als Standort für Datensicherheit. Ist das die grosse Zukunftsperspektive für einen Kleinstaat?
(PMvL): Das Thema steht noch ganz am Anfang. Aber es ist wichtig. Ich habe kürzlich in der Zeitung gelesen, Daten seien «das Gold des 21. Jahrhunderts». Das unterstreicht, wie wichtig Datensicherheit heute geworden ist.
«Liechtenstein ist als Standort für Datensicherheit ein Zukunftsmodell»
Ich denke, der systematische Schutz von Daten wird tatsächlich eine der ganz grossen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein.
Inwiefern denn?
(GFvSA): Haben Sie sich nicht auch schon gewundert, wie manche Staaten sich gegenüber Bürgerinnen und Bürger verhalten? Garantieren sie stabile Rechtsverhältnisse, sind sie verlässlich und stellen die Rahmenbedingungen, innerhalb denen sich Bürger frei bewegen können? Oder sind sie eher von Eigeninteressen getrieben, misstrauen den Landsleuten und sehen diese als blosses Vermögenssubstrat?
(PMvL): Vor diesem Hintergrund ist es nicht ausgeschlossen, dass Länder mit einer hohen Kriminalitäts- und Korruptionsrate den geplanten internationalen Informationsaustausch (AIA) als probates Marktforschungs-Instrument missbrauchen. Insofern ist Liechtenstein als Standort für Datensicherheit ein vielversprechendes Zukunftsmodell – weil solche Missbräuche hierzulande weitgehend ausgeschlossen werden können.
Nach Ihren Worten wird der AIA zu wenig kritisch hinterfragt?
(PMvL): Bestimmt. Ich möchte an dieser Stelle nichts pauschalisieren. Aber es gibt auf dieser Welt einige Länder, bei denen man sich durchaus fragen darf, ob sie den AIA tatsächlich gewissenhaft einhalten werden. Länder, wo Kidnapping, Erpressungen und Mord an der Tagesordnung sind.
Neben der Transparenz durch den AIA bedroht noch eine andere Entwicklung den «Alltag» der Banken. Es ist der technologische Fortschritt, der zur Folge hat, dass viele Finanzgeschäfte in die virtuelle Welt abwandern. Nehmen Sie diesen Trend wahr?
(PMvL): Ja, wenngleich die individuelle Beratung und Betreuung von vermögenden Familien und die digitale Welt zwei Paar Schuhe sind. Doch gerade mit dem Internet neigen viele Finanzinstitute dazu, ihre Kunden oder Dienstleistungsempfänger noch stärker zu segmentieren, und darin lauert ein enormes Gefahrenpotenzial.
«Was muss man als Kunde alles preisgeben?»
Auch muss man sich dabei fragen: Was muss man als Kunde alles preisgeben, in diesem Wechselspiel von Transparenz und Privatsphäre? Man sollte sich wieder vermehrt ins Bewusstsein rufen, dass die Finanzindustrie ein People’s Business ist und bleibt.
Es ist jedoch eine Tatsache, dass für immer mehr Finanzgeschäfte Banken gar nicht mehr nötig sind. Werden sie dereinst ganz überflüssig sein?
(PMvL): Ich sehe verschiedene Entwicklungen: Die Banken werden zunehmend gezwungen – auf Grund von Gesetzen und Bestimmungen – ihre Kunden zu kategorisieren. Das führt dazu, dass sich manche Kunden bei ihrer Bank nicht mehr heimisch fühlen und deshalb auch eher bereit sind, zu einem anderen Institut zu wechseln.
Wenn sie manche Bankgeschäfte online tätigen können, werden sie das zweifelsohne tun – bis hin zum Crowdfunding. Je mehr die Finanzinstitute durchorganisiert sind, desto eher werden sie einem EDV-Netzwerk gleichen. Das wird die individuelle Beratung in Finanzangelegenheit massiv beeinträchtigen.