Die Finanzindustrie Edinburghs beschäftigt 40'000 Personen, die rund 730 Milliarden Franken verwalten. Neuerdings finden auch Schweizer Finanzinstitute Gefallen an den Schotten. Doch es droht auch Gefahr.

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Im vergangenen Herbstt eröffnete die Genfer Bankengruppe Syz eine Niederlassungin Edinburgh, und bereits seit 2011 ist beispielsweise auch der Bankensoftware-Anbieter Avaloq vor Ort. Er gab kürzlich weitere Ausbaupläne bekannt, wie auch finews.ch berichtete.

Die Chancen stehen gut, dass noch weitere Finanzinstitute nach Schottland übersiedeln, unter anderem auch aus London. Denn in Edinburgh sind die Mieten deutlich günstiger und Finanzfachleute finden sich genug. Denn mit der University of Edinburgh beherbergt die Stadt an der Nordsee eine der angeblich besten Hochschulen der Welt. Schon der grosse Moralphilosoph und Begründer der klassischen Nationalökonomie, Adam Smith, (Bild unten) lehrte an diesem Ort.

Edinburgh Adam Smith 500

Inzwischen treibt es Finanzfachleute aus aller Welt nach Edinburgh. In den Strassen ist ein buntes Sprachengemisch zu vernehmen, das nicht nur von Touristen stammt. Bei dem in der Stadt ansässigen Asset Manager Kames Capital ist nur etwa die Hälfte der 300-köpfigen Belegschaft noch schottisch; der Rest stammt aus allen Ecken und Enden der Welt – selbst aus der Schweiz.

Auf Longterm-Investments spezialisiert

Im Unterschied zur Finanzmetropole London, geht es in Edinburgh allerdings ruhiger zu und her. Banker an der Themse würden den Arbeitsort häufiger wechseln und seien oft nur aufs Geld aus, erklärt Martin Davis, CEO von Kames Capital, gegenüber finews.ch.

Der Kames-Chef stellt noch etwas anderes fest: In Edinburgh dominiere eine besondere Anlagephilosophie, die sich spezifisch an sehr langfristigen Investments orientiere. Auch darum habe sich die Stadt zu einem Zentrum für Versicherungen, Sparkassen und Pensionskassen entwickelt, die ebensolche Anlagen bevorzugen würden, sagt Davis.

Finanzindustrie fürchtet Referendum

Doch Edinburgh droht auch Gefahr, und zwar aus der eigenen Bevölkerung. So hängt das anstehende Referendum über den Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union (EU) – genannt «Brexit» – wie ein Damoklesschwert über der ganzen Branche. Denn ein Ausscheren Grossbritanniens würde den Verkauf von Finanzprodukten nach Europa deutlich erschweren.

Und für Edinburgh könnte es gar noch schlimmer kommen. Denn im Falle eines Austritts will die EU-kritische Regierungschefin Nicola Sturgeon noch einmal über den Exit Schottlands aus Grossbritannien abstimmen lassen. Im vergangenen Herbst sprachen sich noch rund 55 Prozent der Bewohner für einen Verbleib im Vereinigten Königreich aus.

Edinburgh City View 501

Die Brexit-Gegner haben immerhin einen mächtigen Verbündeten: die Wirtschaft. Mit vereinten Kräften stemmt sie sich dagegen, und vereinzelt drohen Banken auch mit der Verlagerung des Hauptsitzes ins Ausland, falls Grossbritannien aus der EU austräte.

Knapper Ausgang erwartet

Auch Kames-Chef Davis lässt sich für den «Brexit» nicht erwärmen. «Ein solcher Schritt wäre nicht gut für Grossbritanniens Finanzzentrum, weil man nicht abschätzen kann, wie die EU darauf reagieren würde. Und für Investoren gibt es nichts Schlimmeres als Ungewissheit.»

Der britische Premier David Cameron versprach, das Volk spätestens 2017 über die heikle Vorlage abstimmen zu lassen. Laut Davis dürfte das Referendum ähnlich knapp ausfallen wie damals das Volksbegehren über den Austritt Schottlands aus Grossbritannien.