Die Zentralbanken beeinflussen den Wert des gelben Edelmetalls inzwischen erheblich, sagt Martin Arnold, Analyst bei ETF Securities.
Herr Arnold, seit März schwächelt der Goldpreis, nachdem er zu Jahresbeginn noch eine starke Performance an den Tag gelegt hatte. Wie geht es weiter?
Der Goldpreis stabilisiert sich derzeit in einer vergleichsweise engen Bandbreite um 1'300 Dollar pro Unze.
Warum ist das so?
Die Investoren haben begonnen, ihre Portefeuilles defensiver auszurichten, um einen Puffer zu schaffen gegen potenzielle Wirtschaftsrisiken und negative Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Finanzmärkte.
Ist also Angst der Treiber?
Unsere Exchange Traded Products (ETP) haben in den vergangenen Monaten einen Netto-Neugeldzufluss von rund 73 Millionen Dollar verzeichnet. Das ist ein Indiz dafür, dass die Investoren Gold weiterhin als «Ultimative Safe Haven» betrachten.
«Unsicherheiten werden den Preis stützen»
Und wie geht es weiter bis Ende Jahr?
Mit einem moderaten Anstieg des Goldpreises. Während ein wahrscheinlich festerer Dollar einen starken Goldpreisanstieg limitiert dürfte, werden Unsicherheiten über die globale Wirtschaftserholung den Goldpreis stützen.
Was sagt der Konsens?
Dieser geht derzeit von einem Goldpreis für 2014 von 1'257 Dollar pro Unze aus. Die Durchschnitts-Schätzungen liegen damit unter dem aktuellen Niveau von 1'300 Dollar.
«Das aktuelle Umfeld begünstigt die Nachfrage»
Ich glaube aber, dass Gold über weiteres Aufwärtspotenzial verfügt. Denn das gelbe Edelmetall zeigte immer in Perioden tiefer Zinsen und einer Ausweitung der Geldmenge eine starke Performance, zumal solche Zeiten oft mit einer Devisenabwertung, einer Erosion der Kaufkraft und systematischen Finanzfehlschlägen verbunden waren.
Aktuell sind die Zinsen tief, die Zentralbanken halten an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest, und die globale Wirtschaftserholung befindet sich auf einem holprigen Pfad. Das sind alles Faktoren, welche die Nachfrage nach Gold als Investment begünstigen.
Was sind die langfristigen Treiber?
Die Zunahme der älteren Bevölkerung sowohl in den entwickelten Ländern als auch in Japan und bald auch in China hat zur Folge, dass ohne drastische politische Änderungen die Staatverschuldung weiter steigen wird. Diese Entwicklung wird entweder durch einen Schulden-Default oder eine Währungsabwertung gelöst werden müssen.
«Notenbanken sind ein treibenden Faktor»
Das eine wie das andere wird den Goldpreis stark begünstigen. Auch wenn solche Szenarien noch in weiter Ferne liegen, werden die Märkte dies zu antizipieren beginnen. Zusätzlich stützt die Nachfrage der asiatischen Konsumenten nach physischem Gold den Preis langfristig.
Welchen Einfluss haben die Zentralbanken?
Nach dem sich die Notenbanken von Netto-Goldverkäufern zu -Käufern gewandelt haben, sind sie zu einem langfristigen treibenden Faktor des Goldpreises geworden. Bis 2009 traten die Notenbanken im grossen Stil als Verkäufer im Markt auf und steuerten oft zusätzlich bis zu 15 Prozent des Goldangebot eines Jahres bei.
Seit 2010 kaufen sie jedoch Gold zu und zwar rund 12 Prozent des jährlichen Angebots.
Martin Arnold arbeitet seit 2012 als Senior Research Analyst bei ETF Securities. Davor war er im Privatbankensektor sowie bei der Reserve Bank of Australia tätig.