Wieviel Geld müssen die Schweizer Banken ihren Vermögensverwaltungs-Kunden zurückgeben? Die Zahl ist geheimnisumwittert – jetzt gibt es erstmals eine Berechnung.
Der Streit zieht sich jetzt seit genau einem Jahr hin: Im Oktober letzten Jahres entschied das Bundesgericht, dass die Vermögensverwaltungs-Kunden der Schweizer Banken Anrecht auf die Vertriebsentschädigungen haben, die beim Kauf von Finanzprodukten geflossen sind. Doch bekanntlich mauern die meisten Banken, und viele stellen sich auf die Position, dass solche Entschädigungen nur auf fünf Jahre zurückerstattet werden müssen.
Unklar – und für die Branche besonders relevant – ist dabei die Frage, um welche Summen es letztlich geht. Die Finma liess die Frage abklären, gab aber keine Zahlen bekannt. Gerüchteweise kursierten Beträge bis zu 10 Milliarden Franken, welche die Banken ihren Kunden zurückgeben müssten.
Wie die SF-Sendung «Eco» nun online meldet, hat die Swiss Funds & Asset Management Association (Sfama) eine Schätzung erarbeitet.
Konservative Schätzung
Sie basiert auf Daten zum Fondsmarkt Schweiz und auf Erfahrungswerten. Danach wärden jährlich Vertriebsentschädigungen in der Höhe von 3 Milliarden Franken bezahlt. «Davon fallen rund 10 Prozent in den Bereich des Bundesgerichts-Urteils – und gehören damit den Kunden. Über zehn Jahre hinweg ergibt das 3 Milliarden Franken, die den Kunden zustehen», so die «Eco»-Mitteilung.
Wie geht die Rechnung im Detail?
- In der Schweiz sind Fonds mit einem Volumen von 1300 Milliarden Franken gebucht.
- Ausgeklammert werden institutionelle Kunden, bei denen oft tiefere oder gar keine Retrozessionen fliessen. Privatkunden machen 75 Prozent aller Kunden aus. (Allerdings können auch institutionelle Kunden auf Rückzahlung von Retrozessionen beharren).
- Zudem nimmt die Branchenorganisation an, dass nur für 60 Prozent des gesamten Fondsvolumens eine Vereinbarung über Vertriebsentschädigungen zwischen Bank und Fondgesellschaft besteht. Die durchschnittliche Management-Gebühr, die der Berechnung zugrunde liegt, beträgt 1 Prozent, davon fliessen 60 Prozent in den Vertrieb, weitere 30 Prozent zum Asset Manager und 10 Prozent in die Administration.
- Unter diesen – von «Eco» als «eher konservativ» bezeichneten – Annahmen errechnet der Verband eine Gesamtgrösse für Vertriebsentschädigungen von rund 3 Milliarden Franken pro Jahr.
- Allerdings steht nicht das ganze Geld den Kunden zu: Bekanntlich bezog sich das Bundesgerichts-Urteil vom Herbst 2012 nur auf Vermögensverwaltungs-Mandate. «Konservativ gerechnet, werden rund zehn Prozent des gesamten Fondsvolumens in solchen Mandaten eingesetzt», sagt Sfama-Geschäftsführer Markus Fuchs zu «Eco».
Weshalb es am Ende doch 10 Milliarden sein könnten
Das Fazit: Etwa 300 Millionen stehen den Kunden zu, jedes Jahr. «Rechnet man mit zehnjähriger Verjährungsfrist, so geht es also um 3 Milliarden Franken», so die «Eco»-Kalkulation.
Am Ende müssten allerdings noch weitere Summen berücksichtigt werden – so dass die in der Gerüchteküche herumgeisternden 10-Milliarden-Summen am Ende durchaus eine Realität spiegeln könnten. Denn:
- Nicht eingerechnet ist der Verzugszins, der wohl ebenfalls noch hinzukäme.
- Ebenfalls zu beachten ist, dass die Berechnung offenbar nur die Vertriebsentschädigungen, nicht aber die Bestandespflegekommissionen berücksichtigt – der Bundesgerichtsentscheid drückte aber auch aus, dass die Kunden auch Anrecht auf diese Gelder hätten; hier könnte der Wert also nochmals so hoch sein.
- Und wie erwähnt, flossen auch die Anrechte der institutionellen Anleger – sofern sie ebenfalls Mandate ausgestellt hatten – in die Sfama-Berechnung ein.
Die Retrozessions-Frage ist Thema auf «Eco» am Montag, 21. Oktober, 22.25 Uhr.