Thomas Fedier, Partner und CEO der VT Wealth Management, über unabhängige Vermögensverwalter, spontane Bewerbungen und das Verhältnis zur Bank Vontobel.
Herr Fedier, viele Banken bauen derzeit Stellen ab. Wie präsentiert sich die Situation bei den unabhängigen Vermögensverwaltern?
Die gegenwärtige Finanzlage geht an niemandem spurlos vorüber. Auch wir sind von den Turbulenzen an den Märkten direkt betroffen. Für uns als mittelgrossen Schweizer Vermögensverwalter bieten die Turbulenzen an den Märkten und der Stellenabbau bei den Banken aber auch Chancen, neue Kunden und Mitarbeiter zu gewinnen.
Wir erhalten sowohl Anfragen von Kunden, die ihre Depots verlagern oder in der Verwaltung diversifizieren wollen, als auch spontane Stellenbewerbungen von sehr qualifizierten Leuten.
Wie gehen Sie konkret in Ihrem Unternehmen mit der aktuellen Entwicklung um?
Unsere Kostenstruktur ist um einiges schlanker als jene einer Bank. Deshalb stellen sich Fragen wie ein Stellenabbau im Backoffice oder in Stabsfunktionen bei uns nicht. Die Ansprüche an den einzelnen Mitarbeiter sind aber auch bei uns gestiegen.
«Das Vertrauen in die Banken ist gesunken»
Wir prüfen laufen Bewerbungen von Vermögensverwaltern, die eine neue berufliche Herausforderung suchen. Deshalb sind Neueinstellungen durchaus möglich respektive sogar wahrscheinlich.
Wo besteht heute das grösste Geschäftspotenzial für Sie?
Wir sehen klar ein Wachstumspotential für die unabhängige Vermögensverwaltung bei Schweizer Kunden. Das Vertrauen in die Banken ist in der letzten Zeit gesunken und die Nachfrage nach massgeschneiderten Vermögensverwaltungsdienstleistungen gestiegen. Dazu kommt noch die aktuelle Entwicklung im Pensionskassenbereich.
Auch wird in der Schweiz viel Vermögen vererbt, das verwaltet werden muss. Weiteres Geschäftspotential sehen wir in einzelnen Emerging-Markets, in Asien und Lateinamerika. Chancen bieten auch gewisse europäische Staaten.
Wie differenzieren Sie sich gegenüber Banken, oder anders gefragt, was ist Ihre «Value Proposition»?
Die VT Wealth Management AG bietet ihren Kunden eine erstklassige und unabhängige Vermögensverwaltung. Die persönliche Beratungsqualität, unser langjähriges Know-how und die freie Wahl von Finanzprodukten, das alles gehört zu unserer «Value Proposition».
«Deutschland ist kein Kernmarkt für uns»
Als mittelgrosser unabhängiger Vermögensverwalter können wir dabei auch sehr spezifische Wünsche für grössere Vermögen erfüllen, aber auch auf kleinere Kunden optimal eingehen.
Welche Auswirkungen hat die geplante Abgeltungssteuer zwischen der Schweiz und Deutschland auf Ihr Geschäft?
Für uns wird die Abgeltungssteuer keine grossen Konsequenzen haben. Deutschland ist kein Kernmarkt für uns. Ich denke auch, dass die Wirkung der Abgeltungssteuer allgemein überschätzt wird.
Ist die Abgeltungssteuer demnach weniger ein Fluch als eher ein Segen?
Menschen und Familien aus der ganzen Welt bringen ihr Vermögen in die Schweiz, vor allem wegen dem hohen Standard des Finanzplatzes und der Stabilität des Landes. Die Eurokrise dürfte hier wieder ein Lehrstück für die Qualität der Schweiz sein. Deshalb dürfte die Abgeltungssteuer keine wesentlichen Konsequenzen haben.
«Kostensteigerungen dürfen nicht unterschätzt werden»
Ich bin überzeugt davon, dass viele Vermögende ihr versteuertes Vermögen aus der EU abziehen und in die Schweiz bringen. Schauen Sie sich doch nur die Bankenkrise in vielen europäischen Staaten und die möglichen Folgen eines Zahlungsausfalls von Griechenland und anderer Staaten an.
Verschärfte Vorschriften und Regeln, beispielsweise im Steuer- oder Compliance-Bereich, nehmen Überhand. Was hat das für Konsequenzen auf Ihr Geschäftsmodell?
Unabhängige Vermögensverwalter werden ebenfalls immer stärker reguliert, wenn auch weniger massiv als die Inhaber einer Banklizenz. Das führt zwangsläufig zu Kostensteigerungen, die nicht unterschätzt werden dürfen.
In den letzten Jahren erlebte der Schweizer Finanzplatz tiefgreifende Veränderungen. Inwiefern muss sich die Finanzbranche «neu erfinden»?
Der Finanzplatz Schweiz hat sich tatsächlich gewandelt. Viel tiefgreifender sind aber die Veränderungen im Euro-Raum oder in den USA, Stichwort Finanzkrise. Die Volatilität auf den Finanzmärkten, die Schwankungen der Währungen und Kurse sind historisch.
«Wir sehen die Veränderungen als Chance»
Das Vermögensverwaltungsgeschäft ist sicherlich anspruchsvoller geworden. Die Bedürfnisse der Kunden sind deutlich gestiegen. Das sehen wir aber als Chance, für unser Unternehmen wie auch für den ganzen Finanzplatz Schweiz.
Über einen Management-Buyout haben Sie sich mit Ihrem Unternehmen VT Wealth Management selbständig gemacht, an dem zuvor die Bank Vontobel beteiligt war. Welche Bilanz ziehen Sie seither?
Eine positive. Zu bedenken ist aber, dass wir bereits zu Zeiten der Vontobel Holding als Aktionärin unabhängig agiert haben, vor allem was die Vermögensverwaltung als solche und die freie Produktwahl betrifft, und die Zusammenarbeit vor allem im Backoffice-Bereich stattfand.
«Wir wollen den Heimmarkt gezielt ausbauen»
Deshalb führte der Management-Buyout, vor allem für unsere Kunden, zu keinen wesentlichen Veränderungen. Wir stehen nach wie vor in einem guten Verhältnis zur Bank Vontobel, welche auch eine unserer wichtigen Depotbanken geblieben ist.
Was sind Ihre nächsten Ziele?
Unser Ziel ist das Wachstum und die klare Positionierung als unabhängiger Vermögensverwalter mit hohen Qualitätsansprüchen. Dazu gehört auch der gezielte Ausbau unseres Heimmarktes Schweiz.
Die VT Wealth Management AG ist eine unabhängige Vermögensverwaltung mit Sitz in Zürich. Die Gesellschaft betreut Privatkunden aus dem In- und Ausland in den Bereichen Vermögensverwaltung, Vermögensberatung sowie Vermögenskonsolidierung und bietet Family-Office-Dienstleistungen an.
Das Unternehmen wurde 2008 gegründet und gehört zu den mittelgrossen Schweizer Vermögensverwaltern. Seit 31. März 2011 steht VT Wealth Management im alleinigen Eigentum des Managements.