Der neue UBS-Präsident findet fast durchwegs Zustimmung. Die grössten Einwände gelten seiner Branchenerfahrung.
Der UBS-Kurs stieg im frühen Handel um gut 3 Prozent – und auch wenn dies begleitet wurde von einem allgemeinen Plus bei den Finanztiteln, wenn es auch teilweise technisch bedingt war, so leistete doch Kaspar Villigers Wahl an die Konzernspitze ebenfalls einen Beitrag zum Aufschwung.
Die Reaktionen fielen denn bislang mehrheitlich positiv aus. In der Schweiz sagte Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer: «Angesichts des Schadens, den die UBS international wie in der nationalen Öffentlichkeit erlitten hat, ist eine Person mit Villigers Erfahrung ideal. Die Bank benötigt eine Persönlichkeit, welche die Rolle des Aussenministers spielen kann.» (Statement gegenüber Bloomberg).
«Ich glaube, das ist eine gute Lösung», sagte CVP-Präsident Christophe Darbellay in Radio DRS. Villiger bringe Erfahrung, Ruhe und Verantwortungsbewusstsein in den UBS-Verwaltungsrat.
FDP-Präsident Fulvio Pelli beurteilte seinen Parteikollegen Villiger auf Radio DRS als «sehr verantwortungsbewusst». Villiger könne sicher dazu beitragen, in den USA und in der Schweiz die Vertrauenskrise zu überwinden.
Distanzierter äusserte sich SVP-Präsident Toni Brunner gegenüber Radio DRS 4 News: «Die erste Frage, die ich mir gestellt habe, war: Hat er Bankenkenntnisse? Und ist er auch wirklich krisentauglich?»
Freiheit für Oswald Grübel
Das «Wall Street Journal» vermutet, dass mit Villigers Wahl die implizite Beziehung zwischen Bund und UBS verstärkt werden dürfte. Auch könnte Villigers Wahl die Rolle von Oswald Grübel stärken. Dabei zitierte das «Journal» den Sal.-Oppenheim-Analyst Javier Lodeiro mit dem Satz: «Ich denke, dass Oswald Grübel zunehmend mehr Freiheiten bekommt, und er wird seinen Einfluss nicht nur operationell, sondern auch strategisch geltend machen können.»
Im selben Artikel bemerkte Helvea-Analyst Peter Thorne, dass Villiger wohl kaum die Bank-Erfahrung habe, welche Investoren als ideal fürs UBS-Präsidium erachten; aber seine «politischen und diplomatischen Fähigkeiten vervollständigen die Fähigkeiten von Mr. Grübel sehr gut.» Immerhin sei zu erwarten, dass Grübel aggressiver Stellen streichen und restrukturieren wird als Marcel Rohner.
Dieser Sichtweise schloss sich Credit-Agricole-Cheuvreux-Analyst Christian Stark gegenüber Bloomberg an: «Villiger hat nicht die Bank-Erfahrung, aber sein politischer Hintergrund dürfte nützlich sein bei den Verhandlungen mit den USA und der EU.»
In Deutschland erinnerte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» daran, dass sich Villiger als Finanzminister «einen Namen durch seine Initiativen gegen Geldwäsche und mit Reformen der Finanzmarktaufsicht» gemacht habe.
Weitere Rückschlüsse aus Villigers Zeit als Finanzminister zog «20 Minuten»: «Berühmt wurde Villigers Ausspruch in den Verhandlungen mit der EU, das Schweizer Bankgeheimnis sei nicht verhandelbar», so die Online-Ausgabe. «In den nächsten Monaten dürfte sich eine neue Form von Bankgeheimnis herauskristallisieren, zu der Villiger nun aktiv beitragen kann.» Und weiter: «Sein politischer Rucksack und seine Integrität machen den Luzerner aus einer Unternehmerfamilie zu einer überraschenden, interessanten und guten Wahl.»