Die Mediobanca Gruppe aus Mailand übernimmt ein hiesiges Fintech – und macht damit den ansässigen Konsumkredit-Instituten Konkurrenz. Die Schweiz ist dabei ein Testfeld für internationale Ambitionen.
Compass, die Konsumkredit-Tochter der italienischen Mediobanca Gruppe, hat eine Vereinbarung zur vollständigen Übernahme von Heidipay Switzerland unterzeichnet. Dies ging aus einer Pressemitteilung der Mailänder Universalbank hervor.
Der Kaufpreis bleibt geheim, die Auswirkungen auf die Kapitalisierung der börsenkotierten Bankengruppe seien aber «vernachlässigbar», hiess es weiter.
Vertriebslizenz nutzen
Beim Übernahmeziel handelt es sich der Meldung zufolge um ein schnell wachsendes Schweizer Fintech, das sich auf Paymentlösungen im bis vor Kurzem noch boomende Segment des Bezahlens auf Rechnung (Buy Now Pay Later, BNPL), spezialisiert hat. Nach eigenen Angaben unterhält Heidipay mehr als 400 Handelsvereinbarungen mit grossen Retailern, Luxusmarken und Technologieanbietern, die alle in der Schweiz aktiv sind.
Compass hält bereits seit dem August vergangenen Jahres eine Beteiligung von 19,5 Prozent an der Holding des E-Commerce-Startups und wird die Zusammenarbeit mit dieser nun vertiefen. Mit dem Kauf avanciert Mediobanca zu einer Anbieterin von Konsumkrediten in der Schweiz und kann dabei die Vertriebslizenz von Heidipay Switzerland nutzen, wie es weiter hiess.
Die Transaktion steht laut dem Institut im Einklang mit den Zielen des Strategieplans «One Brand One Culture» bis 2026. Im Rahmen der Strategie will die Bankengruppe den Geschäftsbereich Consumer Finance forcieren. Dies vermittels einer digitalen Vertriebsplattform und mit dem Vorstoss in neue Ländermärkte.
Eigene BNPL-Lösung entwickeln
«Der Schweizer Markt gilt heute als einer der Märkte mit dem höchsten Wachstumspotenzial auf europäischer Ebene für das BNPL-Segment», liess sich Gian Luca Sichel, der Chef von Compass, in der Mitteilung zitieren.
Mit der Übernahme in der Schweiz kann Compass ausserdem die eigene BNPL-Lösung Pago Light weiterentwickeln und diese fit für den Einsatz im Ausland machen. Pago Light wurde im Jahr 2021 zunächst für das Bezahlen an Terminals eingeführt und ist heute in Italien in mehr als 12’000 Geschäften und bei über 150 E-Commerce-Plattformen operativ.
Der Abschluss der Transaktion wird auf die zweite Jahreshälfte 2023 erwartet.
Ein Tipp von «AHO»?
Offen bleibt, ob der Rat eines auch in der Schweiz bekannten Bankers den aktuellen Vorstoss von Mediobanca beeinflusst hat: António Horta-Osório hatte im Sommer 2022 ein Beraterungsmandat von der italienischen Grossbank erhalten. Ziel der Berufung war es damals explizit, die internationale Positionierung der Bank zu stärken.
Horta-Osório war Anfang 2022 nach weniger als einem Jahr vom Posten des Verwaltungsrats-Präsidenten der Credit Suisse zurückgetreten. Anlass waren Verstösse gegen die Schweizer Corona-Regeln durch verschiedene Reisen und die Nichteinhaltung der Quarantänevorschriften.