Die Zahl der Dollarmillionäre ist im vergangenen Jahr gesunken, auch in der Schweiz. Um ihren Kundenmix besser auszubalancieren, sollten Vermögensberater vermehrt Anleger ansprechen, noch bevor diese den HNWI-Status erreichen. Das empfiehlt eine viel beachtete Studie.
Die Schweiz hat weniger Dollarmillionäre: Gemäss der neuen Ausgabe des in der Branche viel beachteten «World Wealth Report» des Beratungsunternehmens Capgemini ist die Zahl der vermögenden Privatpersonen in der Schweiz im Jahr 2022 auf 468’100 Millionäre gesunken. Das sind 10’800 High Net Worth Individuals (HNWI) weniger als im Vorjahr. Das Gesamtvermögen der Reichen sank um 3,1 Prozent auf 1'438,6 Milliarden Dollar.
Stärkster Rückgang seit zehn Jahren
Im internationalen Quervergleich hat sich die Schweiz jedoch vergleichsweise besser gehalten. Sowohl die Zahl der HNWI, die über ein investierbares Vermögen von mindestens einer Million Dollar verfügen, als auch deren Vermögen sind weniger stark zurückgegangen als im weltweiten Durchschnitt. Weltweit gibt es 21,7 Millionen oder 3,3 Prozent weniger Dollarmillionäre. Der Wert des Gesamtvermögens sank 2022 um 3,6 Prozent auf 83 Billionen Dollar – der stärkste Rückgang seit einem Jahrzehnt.
Gründe dafür waren vor allem der Einbruch an den Finanzmärkten, die hohe Inflation, steigende Zinsen und geopolitische Unsicherheiten. Im weltweiten Vergleich verzeichnete Nordamerika den stärksten Vermögensrückgang (minus 7,4 Prozent), gefolgt von Europa (minus 3,2 Prozent) und Asien-Pazifik (minus 2,7 Prozent). Demgegenüber zeigten sich Afrika, Lateinamerika und der Nahe Osten widerstandsfähig. Diese Regionen profitierten von der starken Entwicklung im Öl- und Gassektor.
Stärkere Fokussierung auf Affluents
Allgemein sollten Vermögensverwalter mehr Anleger ansprechen, bevor diese den HNWI-Status erreichen, um ihr Geschäft langfristig auszubauen und zu diversifizieren, so der Bericht. Laut Capgemini gibt es nicht genügend Wealth Manager, die sich auf Personen mit einem investierbaren Vermögen von weniger als 1 Million US-Dollar konzentrieren.
Das Segment der Affluents mit einem investierbaren Vermögen zwischen 250’000 und 1 Million Dollar stelle eine neue Zielgruppe dar, da es in Bezug auf Grösse und finanzielles Gewicht weiter wachse.
Finanzinstitute zögern
Obwohl diese Kundengruppe mit einem Vermögen von fast 27 Billionen Dollar rund ein Drittel des gesamten HNWI-Vermögens ausmacht, sind 24 Prozent der traditionellen Vermögensverwalter und 33 Prozent der Universalbanken nicht auf dieses Segment ausgerichtet. Sie zögern aus Rentabilitätsgründen, diese Kunden anzusprechen und zu betreuen.
Der Bericht stellt auch fest, dass alternde HNWI ein langsamer wachsendes Segment sind, da sie weniger risikofreudig sind. Wenn Affluents in einer frühen Lebens- und Vermögensphase angesprochen werden, können sie sich zu zukünftigen HNWI-Kunden im Vermögensverwaltungssystem entwickeln, so Capgemini. «Die gezielte Ansprache und Erfassung von Affluents kann Vermögensverwaltern helfen, ihren Kundenmix auszubalancieren».
Reif für den Wechsel
Allerdings gaben nur 18 Prozent der befragten Affluents an, mit ihrem aktuellen Vermögensverwalter zufrieden zu sein. Sie sind also reif für einen Wechsel, wenn ihnen ein besseres Angebot gemacht wird.
Rund 58 Prozent erklärten, dass ihnen das Wissen und die Unterstützung fehlen, um in volatilen Zeiten wie 2022 Anlageentscheidungen zu treffen, während 42 Prozent sich der Anlagerisiken nicht bewusst sind und ihre Anlagestrategien nicht zu ihren Lebenszielen passen.