Im Greensill-Debakel der Credit Suisse dreht sich die Frage nach den Schuldigen nun um das Top-Management der Grossbank. Angelsächsische Medien berichten, Risikochefin Lara Warner habe den 160-Millionen-Kredit an Greensill bewilligt.
Im gesamten Greensill-Debakel der Credit Suisse stellt sich die Frage, warum die Grossbank einen Kredit von 160 Millionen Dollar an Greensill Capital bewilligt hat. Denn im Herbst 2020 war CS-intern bereits bekannt gewesen, dass in Deutschland die Bafin die Greensill Bank einer Prüfung unterzieht und die Versicherungsdeckung der Greensill-Fonds ungenügend war.
Wie die «Financial Times» und die Nachrichtenagentur «Bloomberg» (beide Artikel bezahlpflichtig) in der Nacht auf Freitag schrieben, war es schlussendlich Lara Warner, die Risiko- und Compliance-Chefin der CS gewesen, welche den Kredit bewilligt hat. Beide Medien beziehen sich auf Personen mit Kenntnissen der Umstände. Warner, sie ist australisch-amerikanische Doppelbürgerin, soll Lex Greensill persönlich kennen.
CEO Thomas Gottstein distanziert sich
Derweil schreibt die «Financial Times» CS-CEO Thomas Gottstein bekräftige innerhalb der Bank, er habe Greensill nie persönlich getroffen und nur einmal mit ihm telefoniert. Gottstein hatte aber im Frühsommer 2020 eine Überprüfung des Greensill-Engagements angeordnet, nachdem finanzielle Verwicklungen mit der japanischen Softbank bekannt geworden waren. Die Fonds, welche die CS vor zehn Tagen schliessen musste, waren aber weiter geführt worden.
Der Kredit an Greensill sollte als Überbrückung dienen, bis das Finanzunternehmen sich über externe Investoren wieder refinanziert hätte. Greensill war im vergangenen Jahr in Schräglage geraten, weil aus dem Stahlkonglomerat GFG des britisch-indischen Unternehmers Sanjeev Gupta Rückzahlungen ausgeblieben waren.
Risikomanager wurden von oben überstimmt
Risikomanager der CS in London hätten den Kredit zunächst abgelehnt, hiess es weiter. Sie seien dann von Managern der CS in Zürich überstimmt worden. Schliesslich habe Warner im Oktober den Kredit an Greensill bewilligt. Der Grund dafür sei gewesen, dass die CS mit Greensill mehrere mit einander verknüpfte Kundenbeziehungen geführt habe.
Lex Greensill ist Private-Banking-Kunde der CS und ausserdem durch seine Firma Greensill Capital der Partner für die Supply Chain Finance Fonds, in denen 10 Milliarden Dollar Kundengelder lagen.
Regulatoren wollen Interessenkonflikte prüfen
Die CS bemüht sich nun – auch mit Hilfe von externen Beratern – Gelder, die über Greensill Capital als Finanzierungen und Überbrückungskredite vergeben worden waren, zurückzuholen. Allein 1 bis 2 Milliarden Dollar soll das CS-Exposure gegenüber GFG Alliance sein.
Regulatoren in der Schweiz, der EU, in Grossbritanien, Luxemburg und in Australien erwarteten Antworten der CS zu ihrem Risikomanagement und ihren Prozessen im Falle von Interessenkonflikten. Die CS habe darum bereits ein Team aufgestellt, um entsprechende Antworten liefern zu können.
Nachdem Michel Degen, der Chef im CS Asset Management Schweiz und Europa, sowie zwei weitere Mitarbeiter seit vergangenem Mittwoch suspendiert sind, ist mit weiteren personellen Folgen zu rechnen. CS-Mitarbeiter berichten von «internen Schuldzuweisungen», die nun im Gange seien.