Erst 2021 wird die Coronakrise voll aufs Banking durchschlagen, besagt eine neue Studie. Doch aus der Krise erwächst auch Gutes.
Das Jahr 2020 steht im Zeichen des Coronavirus. Die Zahlenkränze der Finanzindustrie jedoch blieben davon grossmehrheitlich verschont– zumindest bis jetzt.
Das wird sich im 2021 ändern, wenn es nach einer neuen Studie des Research-Unternehmens Forrester geht: Laut den Forrester-Experten werden die Führungskräfte der Banken die nächsten 18 Monate damit verbringen, ihre digitalen und analytischen Fähigkeiten zu verbessern und ihre stark veränderte Kundschaft neu kennen zu lernen, während sie gleichzeitig versuchen, neue Opportunitäten und Innovationsbemühungen zu erkennen und umzusetzen.
Vertrauen wird wieder sinken
Forrester sagt einerseits voraus, dass das Vertrauen der Kundschaft in die Banken wieder sinkt. Dieses sei zwar während der Coronakrise auf einen Höchststand gestiegen; nicht zuletzt, weil die Banken schnell und verständnisvoll auf die Coronakrise reagiert haben, indem sie den Kunden Hilfe und Kredite zur Verfügung stellten und Flexibilität bei der Rückzahlung von Krediten erlaubten.
Im Jahr 2021 müssen die Banken aber zum Risikomanagement übergehen, glauben die Studienautoren. Die Institute werden vermehrt Zwangsvollstreckungen vornehmen, die Kreditvergabe an kleine Unternehmen und Hypotheken mit hohem Beleihungswert einschränken und noch mehr negative Zinssätze für Einlagen einführen. Um nicht wieder die «Bölimänner» zu sein, müssen die Banken ihr Inkasso umgestalten und ihre Schuldenverwaltung überdenken.
Banken schalten auf 100 Prozent digital um
Die Coronakrise hat den Banken abverlangt, ihre digitale Transformation zu beschleunigen und ihre Filialkonzepte zu überprüfen. Viele waren bereits vor der Krise dabei, ihren physischen Fussabdruck zu verkleinern. Nun werden die geringe Filialnutzung infolge der Pandemie sowie teure Mietverträge und Immobilien in einem Umfeld mit starkem Kostendruck für einige Unternehmen zu viel sein.
Im Jahr 2021 werden einige Finanzinstitute versuchen, auf 100 Prozent digital umzuschwenken. Doch die kurzfristigen Kostenvorteile könnten dem Bedauern weichen, glaubt man bei Forrester: Die Banken sollten die Filiale nicht aufgeben, sondern sie stattdessen neu ausrichten, um das Engagement von Kunden und Mitarbeitern zu fördern.
Neue Prioritäten im Firmenkundengeschäft
Digitales Banking und nahtlose Prozesse werden im Geschäfts- und Firmenkundengeschäft weiterhin relevant bleiben, aber die Pandemie hat das Spiel verändert. Im Jahr 2021 werden sich die Banken auf die Kreditvergabe und -abwicklung konzentrieren. Die Nachfrage nach Unternehmens- und Geschäftskrediten werde weiter steigen, so Forrester, ebenso wie der Druck von Regierungen, den notleidenden Unternehmen zu helfen.
Doch die von der Coronakrise stark betroffenen Branchen werden auch Null-Zins-Kredite fördern, wie sie in der Schweiz vergeben wurden. Die Geschäftsbanken müssen einen noch stärkeren Fokus auf das Betriebskapital und das Risikomanagement legen - sowohl in Bezug auf Daten und Analysen als auch auf rationalisierte Entscheidungsprozesse, die eine schnelle Reaktion auf sich verändernde Situationen ermöglichen.
Neue Bewertungsmodelle sind gefragt
Weiter stehen die Banken 2021 vor der Aufgabe, weltweit Risiken im Gegenwert von bis zu 400 Milliarden Dollar zu minimieren. Die Coronakrise und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen haben die Annahmen, auf denen Segmentierungs-, Kreditvergabe-, Risiko- und Prognosemodelle basieren, ungültig gemacht. Die Fähigkeit der Banken, die Auswirkungen von Stressfaktoren wie Arbeitslosigkeit, Unterbrechung der Versorgungsketten und zunehmende Verschuldung zu bewerten, wird ihre Kreditvergabe und ihre Fähigkeit, Kunden zu gewinnen, bestimmen.