Eine Bankerin der UBS hat gegen einen ihrer Kollegen Vergewaltigungsvorwürfe erhoben. Das Schweizer Institut überprüft nun seine Vorgehensrichtlinien bei solch krassen Vorkommnissen in der Bank.
Nachdem eine Angestellte der UBS in London Vergewaltigungsvorwürfe gegen einen Kollegen aufgebracht hat, überprüft die Grossbank nun ihr Vorgehen bei Vorfällen mit sexueller Belästigung. Die mutmassliche Vergewaltigung geschah im September 2017, kurz bevor sich die #Metoo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz bildete, nachdem das Gebaren des Hollywood-Moguls Harvey Weinstein bekannt geworden war.
Stillschweigen verlangt, eingeschüchtert
Die betroffene UBS-Angestellte, eine junge Hochschulabsolventin, hatte den Vorfall der Polizei gemeldet. Der Angeschuldigte hat die UBS inzwischen verlassen. Die «Financial Times» berichtete am Freitag, die junge Frau sei mit Kollegen aus der Investmentbank ausgegangen, als sie durch einen älteren Kollegen angegriffen worden sei. Dieser habe anschliessend von ihr verlangt zu schweigen und sie eingeschüchtert, er habe Kontrolle über ihre Karriere.
Kurz darauf berichtete die junge Frau den Vorfall der Personalabteilung in der UBS. Die Bank hat sie inzwischen verlassen und sich nun mit Vorwürfen gegen die UBS an die Presse gewandt.
Im Dunkeln gelassen
Sie habe diesen Juli in einem Brief an Investmentbank-Chef Andrea Orcel ihre Vorwürfe gegen die Human-Resources-Abteilung der UBS mitgeteilt. Diese habe sie über die laufenden internen Abklärungen vollkommen im Dunkeln gelassen. Die UBS habe es zudem zugelassen, dass der Beschuldigte von sich aus gekündigt habe, nachdem die Untersuchung abgeschlossen gewesen sei.
Die UBS sagte in einem finews.ch vorliegenden Statement: «Dieser Fall hat uns sehr betroffen gemacht. Wir können ihn aufgrund der Vertraulichkeit gegenüber den Mitarbeitern nicht öffentlich diskutieren.»
UBS wendet strikte Null-Toleranz-Regel an
Die UBS führe bei «signifikanten Vorfällen» eine Untersuchung durch, um allfällige Verbesserungen der Prozesse vorzunehmen. Die Bank wende eine strikte Null-Toleranz-Regel gegenüber sexuellem Missbrauch und Belästigungen an und untersuche sämtliche Anschuldigungen sofort und konsequent.
Gemäss «Financial Times» reagierte Investmentbank-Chef Orcel rund eine Woche, nachdem er das Schreiben der Ex-Mitarbeiterin erhalten habe und nachdem bezüglich der mutmasslichen Vergewaltigung Medienanfragen an die UBS gerichtet worden seien. Orcel habe der Frau ein persönliches Treffen angeboten und ihr zugesichert, dass die UBS sie weiterhin unterstützen werde.
Noch ein Monat lang im selben Büro
Die Frau hat in dem Brief das Vorgehen der UBS angeprangert. So habe sie noch während eines Monats im selben Büro wie ihr Angreifer arbeiten müssen, bevor die UBS ihre formelle Untersuchung begonnen habe. Über den Fortgang der Untersuchung sei sie auch auf Anfrage nicht orientiert worden. Die Verantwortlichen hätten gesagt, dies sei «vertraulich».
Sie sei «zutiefst verletzt», schrieb sie an Orcel, wie sie von der HR-Abteilung und vom Management behandelt worden sei. Einige Senior Manager hätten darüber Witze gemacht, sie müssten nun vorsichtig sein, was sie sagten, sonst würden sich auch beim HR gemeldet.
Vorbildlicher CS-Chef Tidjane Thiam
Die junge Frau schrieb Orcel weiter, sie habe sich nun an ihn gewendet, nachdem sie über einen ähnlichen Vorfall bei der Credit Suisse (CS) gelesen habe. Eine Frau hatte sich zehn Jahre nach einer sexuellen Belästigung durch einen CS-Angestellten direkt an CEO Tidjane Thiam gewandt.
«Er scheint zugehört zu haben und neue Regeln bei Fällen von Belästigung eingeführt zu haben», schrieb die junge Frau an den UBS-Investmenbank-Chef. Thiam habe auch zugesichert, er werde sich persönlich um den Fall kümmern. Sie habe aber nicht zehn Jahre warten wollen, bevor sie sich an Orcel wenden würde.
Zuletzt hatte auch CS erneut Schlagzeilen wegen eines Belästigungsvorfalls in ihrer Investmentbank in New York gemacht. finews.ch beschrieb daraufhin, wie die Banken nun ihrer Null-Toleranz-Politik solchen Vorfällen wie dem teils Testosteron geladenen Verhalten der Investmentbanker überhaupt versuchen einen Riegel zu schieben.