Wird im Banking künftig alles anders? Wie André Lagger, CEO LGT Financial Services, die digitale Revolution einschätzt.
Herr Lagger, was bedeutet Digitalisierung für die LGT?
Unter Digitalisierung versteht jeder etwas anderes, und es gibt viel Hype um dieses Thema. Andererseits ist digital ein Erfolgsfaktor. Aus Sicht der LGT sind für mich drei Punkte wichtig.
Nämlich?
Es geht erstens um die Schnittstelle zwischen Kunde und LGT. Wie einfach ist dieser Prozess, wie benutzerfreundlich sind unsere Services, und wie positiv ist das Kundenerlebnis? Zweitens geht es um neue Serviceangebote, darunter auch die Nutzung von Lösungen von Fintech-Unternehmen, welche wir sinnvoll in unsere Wertschöpfungskette integrieren wollen. Der dritte Aspekt beinhaltet Effizienzsteigerungen durch die Automatisierung und/oder die Vereinfachung von Prozessen.
Das klingt jetzt nicht gerade revolutionär…
Wir brauchen keine Revolution, sondern Evolution, also kontinuierliche Weiterentwicklung. Unsere existierende IT-Welt bietet viel an Weiterentwicklungspotenzial. Sie wird auch in Zukunft der wesentliche Träger unseres Geschäftes sein und ist das Fundament für das Aufsetzen von neuen digitalen Vorhaben.
«Dem Berater steht eine neue Arbeitsoberfläche zur Verfügung»
Fintech-Lösungen funktionieren nicht isoliert, sondern nur im Zusammenspiel mit den bei uns laufenden IT-Systemen. Dies bedingt eine gute Integration und klar aufeinander abgestimmte Prozesse. Die Digitalisierung beinhaltet zudem Aspekte wie Automatisierung und Effizienz, die auch bisher stets im Fokus waren. Insbesondere im Backoffice hat die LGT einen sehr hohen Automatisierungsgrad erreicht, auch im Vergleich zur Konkurrenz.
Nun richtet sich unser Augenmerk vermehrt auf frontorientierte Prozesse. Bisherige IT-Werkzeuge in Kombination mit neuen Fintech-Lösungen bieten vielfältige Möglichkeiten wie Steigerung der Automatisierung, bessere Geschäftsunterstützung, neue Serviceangebote wie auch Kommunikationsmittel für unsere Endkunden.
Können Sie das an einer Anwendung erläutern?
Das Paradebeispiel hierfür ist unser neuer digital unterstützter Beratungsprozess, der die Kundenberater ganz wesentlich bei der Einhaltung der regulatorischen Vorgaben entlastet. Das Endprodukt sieht für den Benutzer einfach aus. Dem Berater steht eine neue Arbeitsoberfläche zur Verfügung.
«Unsere Philosophie lautet: Die Technologie soll den Berater unterstützen»
Nach der Kundenprofilierung läuft der weitere Beratungsprozess bis zur Transaktionsauslösung grösstenteils automatisiert ab. Unter dieser Benutzeroberfläche spielen, für den Benutzer nicht ersichtlich, viele Softwarekomponenten zusammen. Diese führen automatisierte Complianceprüfungen durch, generieren Anlagevorschläge, holen Produktinformationen von Drittparteien ein oder regeln den Versandkanal des Anlagevorschlages.
Das Ganze ist eine Kombination von Elementen aus der existierenden IT-Umgebung mit solchen aus der Fintech-Welt.
Mit der Digitalisierung von Banken wird praktisch immer der Robo-Advisor erwähnt, also die vollautomatisierte Vermögensverwaltung. Setzt die LGT diese Technologie auch ein?
Vereinfacht gesagt ist ein Robo-Advisor eine Software, die Portfolios zusammenstellt, verwaltet und überwacht. Der Endkunde kann per Internet die Eingaben selbst vornehmen, im Regelfall jedoch nur Portfolios mit einfachen Finanzinstrumenten zusammenstellen. Der Robo-Advisor ist im Gegensatz zu seiner Namensgebung kein Berater.
Unsere Philosophie lautet: Die Technologie soll den Berater unterstützen, aber es ist der Berater, der den Kontakt zum Kunden hat und die Anlagevorschläge mit ihm bespricht. Technologisch sind wir hierzu gut ausgerüstet.
«Es ist ein Ansatz, um aus den immensen Datenmengen neue Erkenntnisse zu gewinnen»
Interessant sind in diesem Zusammenhang zwei Punkte: Erstens haben in Europa Robo-Advisors bis jetzt keinen wirklichen Durchbruch erzielt. Und zweitens setzen die grossen Robo-Advisor-Unternehmen aus den USA wieder zunehmend auf den Menschen als Bindeglied zwischen Maschine und Kunden.
Welches sind aus Ihrer Sicht die für die LGT spannendsten digitalen Trends?
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