Wer im Private Banking wachsen will, muss nach China. Diesen Eindruck vermitteln die drei grössten Schweizer Vermögensverwalter. Deren chinesische Klientel ist allerdings ganz anders als herkömmliche Kunden.
Sergio Ermotti, CEO der UBS, will es. Sein Pendant bei Julius Bär, Boris Collardi, will es auch. Und Credit-Suisse Tidjane Thiam hat die Strategie der Bank danach ausgerichtet. Asien und ganz speziell China ist der Markt, der im Private Banking noch Wachstum verspricht. Die drei Schweizer Banken sind beileibe nicht alleine mit ihren Plänen.
Thiam sagte im Januar an einer Konferenz in Paris, jede Bank wolle aus dem kapitalintensiven Geschäft raus. «Und jede Bank will ins Asset und ins Wealth Management. Das macht mir Sorgen.»
Enorme Verheissungen
Können die Private Banker überhaupt noch verhindern, dass sie sich in China nicht gegenseitig auf die Füsse treten? Diese Frage stellt sich das Magazin «Bloomberg Markets» in seiner nächsten Ausgabe in einem Artikel, zu dem nun ein Vorabdruck erschienen ist.
Die Frage ist nicht ganz aus der Luft gegriffen: Denn neben den Schweizer Privatbanken sind es die aggressiven US-Banken um Goldman Sachs, J. P. Morgan und Morgan Stanley, die ihre Präsenzen in China ausbauen möchten. Die Verheissungen dieses Marktes sind enorm, in einem Geschäft, in dem hart und mit immer grösserem Aufwand um Marktanteile und Margen gekämpft werden muss.
17 Billionen Dollar schwer ist der chinesische Private-Banking-Markt gemäss Schätzungen der China Merchants Bank und der Beratungsgesellschaft Bain. Er wuchs seit 2012 mit 16 Prozent – jährlich. Die Anzahl potenzieller Kunden, also solche mit mindestens 1,5 Millionen Dollar investierbarem Vermögen, wuchs jedes Jahr sogar um 22 Prozent.
Internationaler, offener
Die Marktanteile ausländischer Privatbanken in China sind (noch) verschwindend klein. Die Hoffnung besteht darin, dass diese zweite Generation heranwachsender Millionäre und Milliardäre weit offener ist gegenüber Auslandsbanken, ihren Produkten und auch Zweitbankenbeziehungen, als noch die Generation zuvor.
Letztere hat ihr Vermögen mit Immobilien, Exportgütern und im Binnenkonsummarkt gemacht. Die jetzige Generation verdient mit Technologie Unsummen.
Es sei eine neue Unternehmergeneration, so «Bloomberg», die ihre Vermögen schneller und in jüngeren Jahren macht. Sie sind international gebildet, bestens vernetzt und aufgrund ihrer Unternehmungen gewohnt, auch mit internationalen Banken zusammenzuarbeiten.
Jack Ma, das leuchtende Beispiel
Und sie brauchen vielfach Unterstützung von Banken, um ihr Geschäft weiter auszubauen – ein Versprechen für die Finanzinstitute. Entsprechend haben UBS und auch CS ihr Wealth Management in Asien viel stärker auf Unternehmer ausgerichtet.
Unter diesen aufstrebenden und jungen Unternehmern sind es die Tech-Enterpreneure, die am schnellsten vermögend werden. Vier von fünf der reichsten Chinesen haben ihr Geld im Tech-Sektor gemacht. Jack Ma, Gründer und CEO von Alibaba, ist mit rund 27 Milliarden Dollar geschätztem Vermögen nur der bekannteste von ihnen. Es gibt Tausende, die ihm nacheifern.
«Vom Nichts zum Milliardär – das kann im Tech-Sektor in nicht mehr als sechs Jahren passieren», hat Francis Liu, ein UHNW-Kundenberater der UBS, beobachtet. Das Ziel der Banken: Diese Unternehmer möglichst früh an sich binden, sie bei ihrem rasanten Aufstieg zu unterstützen und damit Geld zu verdienen.
Fintech-Unternehmer als Kunden
«Bloomberg» sieht in diesem Run auf China allerdings auch eine böse Ironie. Genau jene Kunden, auf welche die Banken so scharf seien, arbeiteten möglicherweise an Technologien, welche Privatbanken in China ganz überflüssig machten.
Li Zhiguo zum Beispiel habe Wacai.com gegründet, eine Wealth-Management-Plattform mit bereits über einer Million Nutzern. Li sei Kunde der China Merchants Bank und der UBS und insgesamt recht zufrieden mit den Dienstleistungen. Er frage sich aber auch, ob diese Banken wirklich wüssten, was sich in der Zukunft noch entwickeln werde.
«Die grossen Banken sind sehr konservativ. Sie sehen nicht die Wichtigkeit in digitalen Applikationen», zitiert «Bloomberg» den 37-Jährigen Unternehmer.
Disruptionen aus China
Julius-Bär-CEO Collardi sieht diese womöglich schon. Er reiste vergangenes Jahr durch China und hat sich verschiedene Fintech-Unternehmen angeschaut – auch mit der Absicht, darin zu investieren oder Partnerschaften einzugehen.
Im Dezember erwarb Julius Bär 5 Prozent am in Schanghai ansässigen Wealth Manager Jupai. «Ich kann nicht ausschliessen, dass ein oder zwei disruptive Fintech-Geschäftsmodelle aus China kommen werden», sagte Collardi letztes Jahr.