Bankier Thomas Matter möchte das Bankgeheimnis in der Verfassung verankern und hat dafür eine Initiative zustande gebracht. Doch ausgerechnet die Schweizerische Bankiervereinigung stellt sich gegen das Vorhaben und spannt mit einem angeblichen Bankgeheimnis-Gegner zusammen.
Das Unbehagen der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) gegenüber der Initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre» (Matter-Initiative) ist nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich der Dachverband der Banken gegen den Vorstoss gestellt.
Nun unterstreicht die SBVg mit einem professoralen Gutachten ihren Widerstand erneut. Einleitend schreibt sie dazu: «Die Privatsphäre ist ein schützenswertes Gut mit einem hohen Stellenwert für die SBVg. Aus diesem Grund ist es richtig, dass gesetzliche Veränderungen in diesem wichtigen und hoch politischen Bereich durch den Souverän entschieden werden müssen.»
Klarer Widerstand
Doch der Dachverband der Schweizer Banken stellt auch fest: «Es ist allerdings klar, dass den Banken und ihren Mitarbeitenden keine höheren Haftungsrisiken und keine grössere Verantwortung für die Steuererfüllung ihrer Kunden entstehen dürfen.»
Bereits in ihrer ersten Beurteilung kam die SBVg zum Schluss, dass diese beiden Grundsätze mit einer Annahme verletzt würden. Vor diesem Hintergrund hat die Bankiervereinigung beim Steuerrechtsprofessor René Matteotti nun ein Gutachten publiziert, das die steuerrechtlichen und steuerpolitischen Aspekte vertieft geprüft hat.
Anreiz zur Steuerunehrlichkeit
Dieses kommt zum Schluss: Die Initiative verletze den Verfassungsgrundsatz zur rechtsgleichen Besteuerung. Nach diesem soll jeder Bürger nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden, argumentiert Matteotti.
Doch steuerunehrliche Personen würden bei Annahme der Initiative gegenüber den steuerehrlichen geschützt. Gemäss Gutachten könnte sich dadurch der Anreiz zu steuerunehrlichem Verhalten erhöhen, schreibt die SBVg.
Höhere Haftungsrisiken
Professor Matteotti macht ausserdem deutlich, dass bei einer Annahme der Initiative die Verantwortung und die Haftungsrisiken für die Banken und ihre Beschäftigten «erheblich» ansteigen.
Darum lehnt der Dachverband der Schweizer Banken die Matter-Initiative ab, lässt aber ein Hintertürchen offen, indem sie verlauten lässt: «Ohne materielles Entgegenkommen des Initiativkomitees wird die SBVg auch im Abstimmungskampf gezwungen sein, diese ablehnende Position einzunehmen.»
Staatspolitische Komponente fehlt
Auf Anfrage von finews.ch zeigte sich Thomas Matter nicht sonderlich überrascht über den neuerlichen Vorstoss der SBVg. Deren Haltung sei ja bereits bekannt gewesen. Matter kritisiert allerdings, dass das Gutachten sehr einseitig sei und nur die steuerliche Sicht berücksichtige, nicht aber die staatspolitische Komponente.
Ausserdem äusserte Matter den Verdacht, dass es Matteotti gar nicht um die Initiative als solche gehe. Vielmehr sei der Steuerrechtsprofessor schon seit vielen Jahren ein entschiedener Gegner des Schweizerischen Bankgeheimnisses, wie eine Durchsicht seiner früheren Schriften zeige.