Der Vontobel-Chef gibt sich hinsichtlich Akquisitionen betont gelassen. Gegenüber finews.ch erklärt er, weshalb er vor allem organisch wachsen will. Und er äussert sich zu «Swiss Leaks».
Herr Staub: Sie haben mit ihrer Bank ein respektables Jahresergebnis hingelegt, insbesondere was der Neugeldzufluss im Asset Management betrifft. Das Private Banking hingegen hinkt hinterher.
Das sehe ich ganz anders. Wir verwalten heute im Private Banking Vermögen im Umfang von rund 40 Milliarden Franken, das Geschäft mit externen Vermögensverwaltern eingerechnet. Seit Mitte 2012 vermochte das Private Banking die Vermögensbasis zudem in einem extrem schwierigen Marktumfeld aus eigener Kraft um rund 5 Milliarden Franken zu steigern. Das wird oft vergessen. Ich bin deshalb überzeugt, dass wir hier in die richtige Richtung gehen. Das Asset Management entwickelt sich naturgemäss dynamischer, weil es nicht von der spezifisch schweizerischen Frage der Regulierung betroffen ist.
Reden wir über akquisitorisches Wachstum. Wo sehen sie Kaufgelegenheiten?
Nur wer in der Lage ist, organisch zu wachsen, ist ein glaubwürdiger Integrator. Wir zeigen organisches Wachstum und müssen deshalb nicht unter Druck akquirieren. Das grösste Risiko für die Aktionäre ist doch, wenn das Management aus der Not heraus agiert. Als global ausgerichteter Vermögensverwalter halten wir an unserer Politik der ruhigen Hand fest – und damit an unserer strategischen Ausrichtung.
«Suchen Objekt von 20 Milliarden Franken»
Sie haben somit keinen Appetit auf Zukäufe?
Wir wollen, müssen aber nicht zwingend akquirieren. Ein zu uns passendes Objekt im Private Banking sollte aus Gründen der Grössenvorteile schwergewichtig in der Schweiz buchen und über eine Vermögens-Basis von 10 bis 20 Milliarden Franken verfügen.
Die Notenstein Privatbank würde diesen Kriterien entsprechen.
Das haben sie gesagt. Meines Wissens hat sich das Raiffeisen-Management zur Zukunft von Notenstein klar geäussert.
Wollen Sie das Private Banking auch künftig personell verstärken?
Im Private Banking erfolgt organisches Wachstum letztlich durch die Kundenberater. Wir haben deshalb im Geschäftsjahr 2014 gezielt neue Kundenberater in der Schweiz, in Deutschland und in Asien eingestellt. Die personellen Wachstumszahlen von 2014 liegen aber eher am oberen Ende und werden sich im laufenden Jahr nicht im gleichen Ausmass fortsetzen.
«Auch wir haben einen Missmatch»
Vontobel scheint die Frankenstärke gut wegzustecken. Trügt der Schein?
Die wichtigste Ertragsbasis von Vontobel – die betreuten Kundenvermögen – beläuft sich per Ende Januar auf 128,5 Milliarden Franken. Dieser Wert liegt 3 Prozent über dem Durchschnitt des Geschäftsjahrs 2014. Insofern sehe ich der künftigen Entwicklung unseres Hauses zuversichtlich entgegen. Auch vor dem Hintergrund, dass unsere Earnings mit einem Frankenanteil von 43 Prozent relativ hoch sind.
Aber 70 Prozent der Kosten fallen in Franken an.
Ja, auch wir haben hier einen Missmatch, müssen deshalb aber keine kurzfristigen Sparprogramme lancieren. Das heisst aber nicht, dass wir unsere Kostenbasis aus den Augen verlieren. Unsere Sachkosten zum Beispiel sind im vergangenen Geschäftsjahr um 8 Prozent gesunken.
Mitarbeiter von Vontobel müssen somit keine Angst um ihren Job haben?
Meine Aufgabe ist es, den Mitarbeitenden verlässlich und transparent die Perspektiven aufzuzeigen. Auch wir managen Kosten und treffen harte Entscheide. Wir lassen uns aber nicht von Ereignissen treiben, sondern versuchen, diesen Weg proaktiv zu gestalten.
«Der Franken ist eine Herausforderung»
Werden die Folgen der Frankenstärke womöglich zu stark dramatisiert?
Kurzfristig betrachtet ist das sicher eine grosse Herausforderung für eine exportorientierte Volkswirtschaft. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass der Dollar einst bei 4.50 Franken oder das Pfund bei 10 Franken gehandelt wurde. Über die Jahre ist der Franken deutlich stärker geworden. Exportieren wir deshalb nicht mehr in diese Länder? Mitnichten. Die Schweizer Industrie hat immer bewiesen, dass sie mit schwierigen Währungssituationen umgehen kann.
Wie beurteilen Sie den Imageschaden durch die «Swiss Leaks»-Enthüllungen über die HSBC in Genf?
Zu den Geschäftspraktiken von Mitbewerben will ich mich nicht äussern. Die politische Schweiz hat aber immer sehr deutlich gemacht, wie sich der Finanzplatz in Geldwäscherei- und Steuerfragen positioniert. Letztlich liegt es aber in der Verantwortung eines jeden Finanzinstituts diese Vorgaben und Regeln umzusetzen.
Macht dies Vontobel?
Selbstverständlich.