Ein weltweit tätiges Recherche-Netzwerk veröffentlichte Daten von Tausenden Kunden der HSBC Privatbank in der Schweiz. Dies ist nicht nur dicke Post für den Finanzplatz – sondern zeigt auch klar die Gefahren des Wettrennens von Schweizer Banken um Kunden in Schwellenländern.

Die berüchtigten «Listen» der ehemaligen HSCB-Angestellten Hervé Falciani lassen das Swiss Banking einmal mehr zittern. Daten von mehr als 100'000 Kunden, die der IT-Spezialist Falciani 2007 bei der HSBC Privatbank in Genf entwendete und den französischen Behörden zuspielte, haben ihren Weg über die französische Zeitung «Le Monde» zum Recherche-Netzwerk «Consortium of Investigative Journalists» (ICIJ) gefunden.

Das Netzwerk hat am Montag seine Auswertungen unter dem bezeichnenden Namen «Swiss Leaks» veröffentlicht. An der Recherche dazu beteiligten sich auch Schweizer Zeitungen wie «Tages-Anzeiger», «SonntagsZeitung», «L'Hebdo» und «Le Temps».

Geschäfte ausserhalb der OECD

Die Erkenntnisse des Netzwerks sind dicke Post. Es will Beweise gefunden haben, dass Kunden der HSBC in Genf in Steuerhinterziehung, Terrorfinanzierung, Drogen- und Waffenhandel involviert waren, wie unter anderem die Agentur «AWP» schreibt.

Laut ICIJ hat die Bank unter anderem von Geschäften mit Waffenhändlern profitiert. Andere kriminelle Partner seien Schmuggler von Blutdiamanten und Terrorismus-Finanzierer gewesen.

Obwohl die Daten aus der Zeit vor der Finanzkrise und des Steuerstreits stammen, werfen sie dabei auch einen Schatten auf die heutigen Boom-Märkte der Schweizer Privatbanken: Die Schwellenländer ausserhalb der OECD, die bisher noch nicht von deren strengen Steuerstandards betroffen sind.

Strömende Kundengelder

Gemäss der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind die Guthaben von Kunden aus aufstrebenden Ländern bei Schweizer Banken seit Anfang 2010 von knapp 82 Milliarden Franken auf gut 109 Milliarden Franken gestiegen. In der gleichen Zeit nahmen die Guthaben aus fortgeschrittenen Volkswirtschaften von gut 327 auf knapp 300 Milliarden Franken ab.

Damit besteht für Schweizer Privatbanken zumindest die Verlockung, das «alte Modell» in aufstrebenden Ländern zu exportieren.

PEPs zuhauf

Dass das bei der HSBC früher geschah, legen nun die jüngsten Enthüllungen nahe. Laut ICIJ stammen mehr als 8000 Kunden aus den «Swiss Leaks»-Listen aus Brasilien. Und nach den verwalteten Vermögen nimmt das ebenfalls nicht zur OECD gehörende Venezuela den dritten Platz unter den Herkunftsländern der HSCB-Kunden ein. Unter den Top-22-Destinationen auf der Liste finden sich auch die Vereinigten Arabischen Emirate, der Libanon, Ägypten und Saudi-Arabien (siehe Grafik).

GrafikSwissLeaks

Zudem tauchen gemäss ICIJ zuhauf so genannt politisch exponierte Personen (PEPs) aus Schwellenländern in den HSBC-Daten auf. Unter anderem ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sowie Verwandte des früheren ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak und des ehemaligen chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng.

Damit stellt sich zwingend die Frage, wie die Schweizer Privatbanken die Compliance im Wettrennen um die begehrten Kunden aus Wachstumstaaten handhaben.

Bessere Standards?

In einer Stellungnahme machte die HSBC Privatbank in der Schweiz geltend, dass die Kultur der Compliance und die Standards der Due Diligence bei der HSBC und anderen Schweizer Banken im Jahr 2007 deutlich tiefer lagen als heute.

Das Institut selber habe 2008 eine «radikale Transformation» in Angriff genommen, um den Missbrauch seiner Dienste für Steuerflucht und Geldwäsche zu unterbinden. Zudem habe man sich auf von Kunden getrennt, die den «hohen Standards» nicht mehr genügen konnten, so die Bank.