Die Schweizer Banken müssten sich in Europa auf einen wesentlich härteren Wettbewerb einstellen, sagt Ralf Vielhaber, Geschäftsführer des Verlags Fuchsbriefe. Mit Swissness allein laufe nichts mehr.

Herr Vielhaber, am 18. November 2013 ist es wieder so weit: Sie präsentieren am 10. Bankengipfel die diesjährigen Gewinner Ihrer verdeckten Markttests bei Europas Banken. Ohne die Ergebnisse vorweg zu nehmen, was sind die neusten Erkenntnisse?

Mit der absehbaren Einführung des automatischen Informationsaustauschs wird im europäischen Vermögensverwaltungsgeschäft auf einem Feld gespielt. Das ist natürlich eine gravierende Zäsur, besonders für die Schweizer Banken.

Jetzt zählt aus Kundensicht fast nur noch die Qualität der Beratung. Wer hier Top-Leistungen bringt, spielt für uns in der Europaliga der Vermögensmanager.

«Der Sonderstatus ist endgültig vorbei»

Und?

In der Vergangenheit konnten die Schweizer Institute mit dem Bankgeheimnis einen Sonderstatus für sich beanspruchen. Das ist nun endgültig vorbei.

Und wo stehen die Schweizer Häuser in dieser Hinsicht?

Sie schneiden bis auf wenige Ausnahmen im Marktvergleich nicht sonderlich gut ab. Das beginnt beim Beratungsgespräch, setzt sich in der schriftlichen Darlegung des Anlagevorschlages fort und zeigt sich insbesondere bezüglich der Transparenz: Fragen der Redaktion zum Geschäft werden nur ungern und oft unvollständig beantwortet.

«Schweizer Banken sind echte Transparenzmuffel»

Sehen wir es positiv: In allen Bewertungskategorien – selbst in der Portfolio-Qualität – haben viele Schweizer Banken noch allerhand Optimierungspotenzial.

Transparenz – das müssen Sie uns schon etwas genauer erklären?

Was die Kundenstruktur, die Vermögensgrösse, die Produkt- und Gebührenpolitik wie den Umgang mit Kickbacks, aber auch die Quote von Kunden je Berater angeht, zeigen sich die Schweizer Geldhäuser nach wie vor sehr zugeknöpft.

Manche von ihnen würde ich als echte «Transparenzmuffel» bezeichnen. Da sind die Banken in Österreich, Luxemburg und auch im Fürstentum Liechtenstein deutlich offener, respektive transparenter.

Was mag der Grund dafür sein?

Manche Schweizer Banker dürften sich jahrelang kräftig überschätzt haben. Sie haben ihren Erfolg der «Swissness» zugeschrieben. Die Standortfaktoren standen und stehen vielfach noch im Fokus und weniger die individuellen Wünsche der Kunden.

«Die UBS scheint in Deutschland den längeren Atem zu haben»

Der Gedanke, dass nicht das Geld der Kunden im Vordergrund steht, sondern dessen Ziele, findet sich zwar in den Werbebotschaften der schweizerischen Anbieter, ist aber noch längst nicht in allen Köpfen angekommen. Vermögen ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck.

Stellen Sie in Deutschland einen Unterschied fest zwischen den beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse?

Und ob! Credit Suisse hat sich insbesondere über ihre deutsche Tochter viel früher und intensiver mit der Beratungsqualität beschäftigt und Innovationen angestossen. Die Erkenntnisse wurden offensichtlich auch in der Schweiz implementiert.

«So was dauert»

Heute ist die Credit Suisse Private Banking in der Kundenberatung qualitativ weiter als ihre grosse Konkurrentin. Das Niveau der mündlichen Beratung ist höher, die Anlagevorschläge sind ausgereifter. Andererseits scheint die UBS in Deutschland den längeren Atem zu haben.

Inwiefern?

Die UBS hat sich lange nur auf den Vertrieb konzentriert. Inzwischen hat auch sie einen Qualitätsverbesserungsprozess angestossen. Aber dieser muss erst mal in der Breite der Beraterschaft ankommen. So was dauert. Unsere Tester bekommen immer noch blosse Hausmannskost geboten.

Hat das Image der Schweizer Banken in den letzten paar Jahren denn nicht massiv gelitten?

Sicherlich, aber das führt nicht immer gleich zu Konsequenzen auf Kundenseite. Viele Leute nehmen die Veränderungen nicht so unmittelbar wahr wie wir, die sich mit der Branche tagtäglich befassen.

«Der Nimbus ist enorm»

Zwar wird viel über den Imageschwund des schweizerischen Bankensektors in den Medien berichtet – in der Schweiz sehr viel mehr als in Deutschland. Der Nimbus der Schweiz ist aber immer noch enorm. Für das Ansehen des Sektors wird ins Gewicht fallen, wie sich die Kunden behandelt fühlen, die unversteuerte Gelder in der Schweiz hatten und haben.

Für die kleineren Banken in der Schweiz sehe ich wenig, was aus Sicht deutscher Kunden künftig für sie spricht. Gerade auch, nachdem die Kunden mitansehen mussten, wie verletzlich kleinere Institute wie Wegelin oder Frey sind.

«Derzeit ist kein Platz für Innovationen»

Die Grossbanken besitzen dagegen faktisch immer noch eine Staatsgarantie wie die Kantonalbanken auch. Das sind Vorteile, die jenseits aller Beratungsqualität liegen. Wie lange das so bleibt, ist eine andere Frage.

Sehen Sie auch innovative Geschäftsmodelle?

Nein, im Moment nicht. Die meisten Banken sind mit sich selber beschäftigt. Sie sind dabei, die Kosten zu senken und die Margen zu optimieren. Sie verwenden ihre Ressourcen für die Anpassung ihrer Systeme an die verschärften Vorschriften und Bestimmungen. Da ist derzeit kein Platz für Innovationen.

Was hat das für Konsequenzen?

Wenig Auswahl für den Kunden: Kaum eine Bank, die nicht betont, wie konservativ und risikoavers ihre Hauspolitik sei. Dem Kunden wird vielfach geradezu abgeraten, grössere Risiken einzugehen. Das ist aber nicht schon per se Qualität in der Beratung und hat noch weniger mit der oft behaupteten Massschneiderei zu tun.

«Der Berater wird zu Sachberater»

Zugleich werden insbesondere in der Schweiz wieder wie früher Finanzprodukte aggressiv verkauft. Das ist keine gute Entwicklung. Am ehesten sehe ich noch eine gewisse Innovationskraft bei Banken, die ihren Kunden einmalige Investmentmöglichkeiten anbieten, sei es mit Private Placements oder Private Equity-Anlagen. Doch da muss man sich natürlich fragen, ob die Nachfrage auf Kundenseite für ein erfolgreiches Geschäftsmodell ausreicht.

In Deutschland führt die Furcht vor den Regulierern zu geradezu absonderlichen Folgen: Im Bestreben, keine Fehler zu machen, nehmen immer mehr Berater lange Fragelisten zur Hand und machen Häkchen: Der Berater wird zum Sachbearbeiter, insbesondere bei den Universalbanken.

«Wir investieren viel in unsere Tests»

Letzte Frage in eigener Sache: Was ist eine Auszeichnung des Verlags Fuchsbriefe wert?

Schneidet ein Vermögensverwalter bei uns sehr gut ab, kann er nachweislich sehr viel Geld anziehen. Das ist für uns natürlich eine grosse Verpflichtung. Darum investieren wir auch sehr viele Mittel und Resourcen in unsere Tests.

«So haben wir unsere Aufgabe erfüllt»

Pro Bank und Test sind das reine Prüf- und Auswertungszeit ohne Reisen bis zu zehn Stunden. Wir wollen professionell Stärken und Schwächen nachweisen, damit der Kunde ein möglichst objektives Bild von der Qualität der Beratung im Gesamtmarktvergleich bekommt.

Wenn es uns gelingt, die Benchmarks im Private Banking zu erkennen und den Wettbewerb daran zu messen, haben wir unsere Aufgabe erfüllt.


Ralf Vielhaber ist Geschäftsführer Fuchsbriefe, Dr. Hans Fuchs GmbH. Der 10. Berliner Private Banking Gipfel findet statt am Montag, den 18. November 2013 im Total Tower in Berlin. Veranstalterin ist die Private Banking Prüfinstanz (PBPI) bestehend aus den Partnern Verlag Fuchsbriefe und dem Institut für Qualitätssicherung und Prüfung von Finanzdienstleistungen IQF – in Zusammenarbeit mit Quanvest.