Der Schweizer Ableger des britischen Finanzkonzerns HSBC trennt sich von zahlreichen Kunden aus dem Mittelmeer-Raum und Israel. Steckt ein Geldwäscherei-Skandal dahinter?

Zahlreiche Kunden der HSBC Private Bank erhielten Anfang Juni ein Schreiben, in dem ihnen das Institut mitteilte, dass ihr Konto saldiert und das Guthaben per Check zur Disposition gestellt werde, wie die Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» (Artikel kostenpflichtig) schreibt. Davon betroffen sind offenbar Kunden aus dem Mittelmeer-Raum und Israel.

Wie weiter zu erfahren ist, soll die HSBC Private Bank ihr «Médis»-Desk (Mittelmeer und Israel) in Genf geschlossen haben. Es beschäftigte ein gutes Dutzend Leute und betreute mehr als 8 Milliarden Franken. Ein Sprecher der Bank bestätigte gegenüber der Zeitung, dass das Unternehmen eine «strategische Überprüfung» dieser Geschäftsbeziehungen vorgenommen habe. Gegenüber finews.ch ergänzte der Sprecher, dass man sich entschlossen habe, den grössten Teil dieses Genfer-Portefeuilles zu schliessen.

Geldwäscherei-Fall als Auslöser?

In Genfer Finanzkreisen zweifelt man indessen an dieser Aussage, zumal die Bank in den letzten zwölf Monaten massiv Personal abbaute. Dies zeigt sich auch in den kürzlich publizierten Statistiken des Verbands der Auslandsbanken in der Schweiz, wonach die HSBC Private Bank innert zwölf Monaten mehr als 400 Jobs abbaute, wie auch finews.ch berichtete.

Der jüngste Restrukturierungsschritt dürfte möglicherweise mit einem Geldwäscherei-Fall in Frankreich zusammenhängen. Dabei wurde ein in Genf domizilierte unabhängiger Vermögensverwalter namens Meyer Elmaleh von französischen Gerichten zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, wie vor einigen Tagen auch die «Tribune de Genève» (Artikel nicht online) berichtete. Zwei seiner Brüder arbeiteten offenbar zum Zeitpunkt der Straftaten für die HSBC in Genf – einer davon als Mitglied des «Médis»-Desks. Er wurde inzwischen ebenfalls verurteilt.

Flucht aus der Schweiz

Der andere Bruder, offenbar ein früheres Mitglied des Exekutiv-Komitees der Bank, der ebenfalls im Mittelmeer-Geschäft tätig war, wurde zwar nicht strafrechtlich verfolgt, zog es aber vor, bereits im vergangenen Jahr die Bank zu verlassen. «Le Temps» schreibt, dass dieser Mann wenige Tage nach dem Auffliegen der Geldwäscherei-Affäre sogar die Schweiz verlassen habe.

Interne Untersuchungen über Vorfälle mit ehemaligen Mitarbeitern hätten, am Rande der globalen Überprüfung der Bank-Strategie, zur Entscheidung geführt, einzelne Teile des Portefeuilles zu restrukturieren, sagte ein Sprecher gegenüber finews.ch. Gemäss Zeitung sind alle Kunden, die von den erwähnten Brüdern betreut wurden, von HSBC verabschiedet worden.