Nach sechs Jahren an der Zurich-Spitze nimmt Martin Senn den Hut. Seine Leistungskurve zeigte gegen Ende nach unten. Doch die Gründe seines Abgangs reichen weiter zurück. Sieben Hinweise dafür.
Am Ende war der Druck für den abtretenden Zurich-CEO zu hoch, und die Baustellen waren zu gross. Nun gibt sich Martin Senn geschlagen. Vor allem nach der unterdurchschnittlichen Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr gewannen die Rücktrittsforderungen immer mehr an Gewicht – aus folgenden Gründen:
1. Schlechte Zahlen
Der Versicherungskonzern hat ein schwieriges drittes Quartal 2015 hinter sich. Hohe Schadenzahlungen und Altlasten machten dem Schweizer Versicherungskonzern zu schaffen. Der Gewinn sackte im Vergleich zum Vorjahr knapp 80 Prozent auf 207 Millionen Dollar ab. Auch im gesamten bisherigen Jahr liegt das Unternehmen mehr als ein Drittel unter dem Vorjahr.
2. Verkalkuliert
Im US-Schadengeschäft, wo die Zurich zu den grossen Playern zählt, wurden die Prämien erneut zu knapp berechnet. Die Folge: Eine Rückstellung von 140 Millionen Dollar. Weitere 300 Millionen Dollar kosteten Schadenfälle im US-Autohaftpflichtgeschäft. Auch hier erwiesen sich die Reserven für das Geschäft als viel zu klein.
Der Versicherungskonzern verschätzte sich immer wieder. So auch geschehen vor zwei Jahren in Deutschland. Für langfristig angelegte Ärzte- oder Architekten-Haftpflichversicherungen bildete die Zurich ungenügende Reserven, was sie danach teuer korrigieren musste.
3. Akquisitions-Flop
Mit der Übernahme des britischen Versicherers RSA wollte die Zurich das Wachstum befeuern und die Forderung der Investoren nach Wachstum endlich erfüllen. Doch wegen akuter Sorgen im Schadenversicherungsgeschäft machte die Zurich kurz vor dem Ziel einen Rückzieher.
Die Performance in dieser Sparte sei derart schlecht, dass sie sich anstatt auf eine Übernahme auf die Restrukturierung des Geschäftsbereichs konzentrieren müsse, erklärten die Top-Leute der Versicherung.
4. Schwindender Rückhalt
Investoren haben den Zurich-Chef für das fehlende Wachstum regelmässig kritisiert. Dabei wären die Kassen des Versicherers prall gefüllt gewesen – rund 3 Milliarden Dollar liegen bis heute für Übernahmen bereit.
Stattdessen fiel Senn vor allem mit Verkäufen auf. Vor einem Jahr etwa gab der Konzern in Russland das wenig rentable Geschäft mit Unfall- und Haftpflichtversicherungen für Privatkunden ab und nahm dafür sogar einen herben Verlust in Kauf.
5. Aktienkurs im Sinkflug
Seit Jahresbeginn verloren die Zurich-Titel 13 Prozent an Wert, und dies bei einem seitwärts tendierenden Gesamtmarkt. Europäische Rivalen wie die Allianz oder Axa lagen in der selben Zeitspanne mit 22 Prozent beziehungsweise 33 Prozent im Plus.
Gemessen an der Gesamtperformance aus Kursentwicklung und Dividende lagen die Zurich-Titel in der Ära Senn währungsbereinigt lange Zeit voraus, bis die Aktien ab Mitte dieses Jahres diesen Vorsprung einbüssten. Seit 2010 resultierte im Jahresschnitt eine Performance von 9,6 Prozent. Beim deutsche Allianz-Konzern waren es in Franken umgerechnet 10,3 Prozent und bei Axa 6,4Prozent.
6. Abgänge im Topmanagement
In diesem Jahr verliessen diverse Topmanager das schlingernde Schiff. So trat Mike Kerner als CEO der Division Global Life im September zurück – aus familiären Gründen, wie es hiess. Ebenfalls sprang Axel Lehmann ab. Er arbeitete als Risikochef von 2008 bis 2015. Ab 2016 amtet er als neuer Chief Operation Officer der UBS.
7. Unruheherd Josef Ackermann
Das Führungsduo Martin Senn und Pierre Wauthier harmonierte gut, bis Josef Ackermann als Verwaltungsratspräsident zur Zurich-Gruppe stiess. Der Banker kritisierte die konservative Anlagepolitik im Konzern, die Senn als ehemaliger Investmentchef massgeblich mitgeprägt hatte. Ackermann schoss sich aber auf Wauthier ein. Dieser nahm sich im Sommer 2013 das Leben. Ackermann trat daraufhin zurück.