Die Bundestresorerie ist dafür verantwortlich, dass die Schweiz jederzeit zahlungsfähig und liquid ist. Sie beschafft die dafür nötigen Mittel am Kapitalmarkt. Die Einheit wurde bisher von einer Doppelspitze geführt. Nun übernimmt ein Mann die Leitung, der die Schweizer Finanzpolitik in Theorie und Praxis bestens kennt.
An der Spitze der Bundestresorerie kommt es per Anfang 2025 zu einem Wechsel. Die Co-Leiter Urs Eggenberger und Daniel Wittwer gehen in den Ruhestand. Sie geben den Führungsstab an Adrian Martinez weiter, der bereits seit 2018 das Front-Office (Sektion Tresorerie, also den operativ am Markt tätigen Bereich) der Organisationseinheit leitet. Die Bundestresorerie gehört zur Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV), die Teil des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) bildet. Die Kommunikation der EFV bestätigte auf Anfrage von finews.ch die Stabsübergabe.
Damit endet die Ära, in der die Einheit von einer Doppelspitze geführt worden ist. Intern ist die Übergabe bereits im September kommuniziert worden. Auch die wichtigsten Geschäftspartner der Bundestresorerie sind schon informiert.
Geräuschlos und effizient
Vor seinem Eintritt in die heute rund 30 Mitarbeiter zählende Bundestresorerie wirkte Martinez während rund zehn Jahren in der Abteilung Finanzpolitik, Finanzausgleich, Finanzstatistik (oder kurz FP) der EFV und auch zwei Jahre in der UBS. Er kennt sich somit sowohl mit den eher theoretischen Facetten wie auch der handfesten Mechanik der Finanzpolitik des Bundes bestens aus und bietet Gewähr, dass die Einheit weiterhin geräuschlos und effizient ihre Aufgabe erfüllen wird.
Urs Eggenberger (Bild: Bundestresorerie)
Die Bundestresorerie ist verantwortlich dafür, dass der Bund stets über genügend Liquidität verfügt und bewirtschaftet diese Mittel (Tresorerieanlagen) sowie die Schulden der Eidgenossenschaft. Sie ist damit zuständig für die Mittelbeschaffung des Bundes. Am Geldmarkt setzt sie dazu Geldmarktbuchforderungen und am Kapitalmarkt Anleihen der Eidgenossenschaft ein, wobei jeweils die Schweizerische Nationalbank im Auftrag des Bundes die Emissionen über die Plattform der SIX Swiss Exchange abwickelt. Zudem ist die Bundestresorerie seit 2019 Teilnehmerin am Repomarkt und nutzt diesen seit der Zinswende aktiv für das kurzfristige Liquiditätsmanagement.
Auch als nur noch drittgrösste Schuldnerin weiterhin die Referenz für den Markt
Ende Oktober waren Bundesanleihen im Nominalwert von 73 Milliarden Franken ausstehend. Die Eidgenossenschaft ist zwar seit einigen Jahren nicht mehr die grösste Emittentin – sie ist von der Pfandbriefbank schweizerischer Hypothekarinstitute und der Pfandbriefzentrale der schweizerischen Kantonalbanken überholt worden. Die beiden Institute begeben mit dem Schweizer Pfandbrief ebenfalls Obligationen, die wie die Anleihen des Bundes von den Ratingagenturen mit der Bestnote Triple-A eingestuft werden. Gleichwohl gelten Bundesanleihen am Schweizer Kapitalmarkt nach wie vor als der Referenzwert.
Ende November wird die Bundestresorerie übrigens wie jedes Jahr ihren Emissionskalender präsentieren. Darin gibt sie dem Markt jeweils eine Richtschnur, wie gross der Mittelbedarf ist, den sie über Bundesanleihen und Geldmarktbuchforderungen im kommenden Jahr zu decken gedenkt. Ausserdem gibt sie bekannt, an welchen Tagen die entsprechenden Auktionen durchgeführt werden.
Daniel Wittwer (Bild: Bundestresorerie)
Die vielen «Nebenaufgaben» der Bundestresorerie
Die Bundestresorerie ist auch für die zentrale Beschaffung und Bewirtschaftung von Devisen verantwortlich, die der Bund für seine Aufgaben benötigt. Zudem führt sie Konten für die dezentrale Bundesverwaltung und verwaltet und bewirtschaftet die Beteiligungen an bundesnahen Unternehmen. Die Bundestresorerie führt ausserdem die «Mitarbeiterbank» des Bundes, die Sparkasse Bundespersonal, mit rund 22'000 Kontoinhabern und Einlagen von knapp 3 Milliarden Franken.
Bisher hat die Leitung der Bundestresorerie jeweils daneben auch die Interessen der EFV in verschiedenen Gremien vertreten. Dazu gehören der Verwaltungsrat von Compenswiss (AHV/IV/EO-Ausgleichsfonds), der Anlageausschuss der Publica (Pensionskasse des Bundes), die Verwaltungskommission und der Anlageausschuss des Stilllegungs- und Entsorgungsfonds für Kernanlagen sowie der Stiftungsrat des Sicherheitsfonds BVG (zweite Säule).
Doppelspitze – ein gelungenes Experiment
Urs Eggenberger hatte die Leitung der Bundestresorerie bereits im November 2007 übernommen. Seit April 2015 teilte er sie sich mit Daniel Wittwer, der Anfang 2010 als Leiter des Front-Office in die Organisationseinheit eintrat. Bevor Eggenberger zum Bund stiess, war er in leitenden Funktionen bei Mathys Medizinaltechnik und bei Synthes in den Bereichen Finanzen/Treasury und Pensionskasse tätig und arbeitete zuvor bei der UBS (Kapitalmarkt und strukturierte Finanzierungen). Wittwer war vor 2010 stellvertretender Direktor der Emissionszentrale der Schweizer Gemeinden (ESG). Zuvor war er bei einem Beratungsunternehmen im Bereich Naturschutzökonomie und beim Bundesamt für Statistik tätig.
Die Co-Leitung mit zwei 60-Prozent-Pensen erregte 2015 einiges Aufsehen. Auf dieser Hierarchiestufe war bis dahin eine solche Arbeitsteilung weder beim Bund noch in der Finanzwelt Usus. Mit der Übernahme der Leitung durch Martinez findet so betrachtet ein gelungenes Experiment – das durchaus zur Nachahmung empfohlen werden kann – seinen organischen Abschluss.