Unternehmen bleiben heute länger «privat», und wenn sie an die Börse gehen, haben sie den grössten Teil ihres Wachstums bereits hinter sich. Wie sollen Anlegerinnen und Anleger darauf reagieren? Eine kürzliche Veranstaltung von finewsticino.ch in Zusammenarbeit mit dem US-Fintech iCapital ging auf diese und andere Fragen ein.
Von Ugo Lagrotta, Reporter finewsticino.ch
Bei einer Veranstaltung, die finewsticino.ch und iCapital vergangene Woche in Lugano organisierten, hatte Marco Bizzozero vom amerikanischen Fintech iCapital die Gelegenheit, die Vorteile von Investitionen in Privatmarktanlagen zu erläutern, gefolgt von einer hochkarätigen Podiumsdiskussion. An dem Anlass nahmen mehr als 80 Personen teil.
Investitionen in «private Märkte» als Anlageklasse haben in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen und erreichten Ende 2023 ein Volumen von 14 Billionen Dollar. Vor allem gewinnen sie zunehmend Marktanteile im Vergleich zu Investitionen in börsennotierte oder öffentliche Marktanlagen.
Dynamik der Kapitalmärkte
Das Wachstum dieser Anlageklasse lässt sich nicht nur mit den höheren Renditen (erwartet oder realisiert) im Vergleich zu kotierten oder öffentlichen Märkten und dem Vorteil der Portfolio-Diversifikation erklären. Der Grund dafür liegt vielmehr in der Dynamik der Kapitalmärkte selbst sowie in der wachsenden Bedeutung von privaten Märkten gegenüber öffentlichen Märkten.
Konkret: Unternehmen bleiben heute länger privat, und wenn sie an die Börse gehen (sofern sie das überhaupt noch tun), haben sie den grössten Teil ihres Wachstums bereits hinter sich. Das bedeutet, dass der Grossteil der heutigen Wertschöpfung ausserhalb der öffentlichen Märkte stattfindet, also bevor die Unternehmen an die Börse gehen. Somit entziehen sie sich dem Zugriff der meisten Privatanleger.
finewsticino.ch und iCapital Event im LAC in Lugano (Bild: IC)
Aufgrund der strengen Vorschriften der Finanzmarktregulatoren verzögern immer mehr Firmen den Börsengang, so dass das Wachstum des Eigenkapitals länger in den «privaten» Märkten verbleibt.
Spezifisches Know-how
In diesem Kontext steht das Angebot von iCapital. Es umfasst das Management des gesamten vertraglichen Due-Diligence-Prozesses sowie die Vermittlung zwischen Vermögensverwaltern/Banken einerseits und Asset Managern andererseits – immer mit dem Fokus auf Privatmarktanlagen.
Oder mit anderen Worten: Die digitale Plattform von iCapital bietet Banken und Vermögensverwaltern einen Zugang zu einer breiten Palette an Investitionen in private Märkte, einschliesslich Private Equity, Privatkrediten, Immobilien und Infrastruktur, wie Marco Bizzozero, Head of International und Mitglied des Executive Committees von iCapital, in Lugano erklärte.
Grosse Chance für Privatanleger
Das Wachstum von Investitionen in private Märkte, unterstützt durch die Technologie und das Know-how von Unternehmen wie iCapital, stellt eine grosse Chance für Privatanleger dar, indem sie Zugang zu einer Anlageklasse zu erhalten, die potenziell höhere Renditen bietet als öffentlich zugängliche Investitionen an den traditionellen Finanzmärkten.
Diese zusätzlichen Renditen gehen jedoch mit der Übernahme mehrerer Risiken einher, an erster Stelle des Liquiditätsrisikos, gefolgt von einem eingeschränkten Maß an Transparenz.
Managerauswahl ist entscheidend
Darüber hinaus ist eine solide Vertrauensbasis zwischen dem Anleger und dem Manager, der die Investitionen auswählt, Stimmrechte auf Hauptversammlungen ausübt und die Portfolioperformance im Laufe der Zeit überwacht, von Bedeutung. Die Auswahl des Managers ist in dem Kontext ein entscheidendes Element, da die Renditen bei Investitionen in privaten Märkten durch eine hohe Streuung je nach Manager und Branchensektor gekennzeichnet sind.
iCapital und finewsticino.ch Podium in Lugano (Bild: IC)
Das Thema führte zu zahlreichen Fragen während der Diskussion, an der neben Bizzozero von iCapital auch Theo Delia Russell (Bild oben, Mitte), Direktor der Private-Banking-Division von Mediobanca, Davide Terrani (Bild oben, links), Senior Product Strategist bei Blackrock Private Equity Partners, und der Finanzjournalist Gabriele La Monica als Moderator teilnahmen.
Schritt in Richtung Demokratisierung?
Die Diskussion kam nicht umhin, die Frage zu behandeln, ob der Zugang zu Private Markets für Privatanleger einen Schritt in Richtung Demokratisierung des Marktes darstelle. Die Podiumsteilnehmer hoben dabei die Bedeutung der Informationsvermittlung hervor, die in diesem Bereich nötig sei, um die teilweise sehr komplexen Produkte zu verstehen und der Illiqudität in einzelnen Anlagen Rechnung zu tragen.
finewsticino.ch und iCapital – Apéro riche im LAC in Lugano (Bild: IC)
Hinsichtlich der generationsbedingten Präferenzen bei den verschiedenen Anlageklassen wies Delia Russell darauf hin, dass die jüngeren Generationen (Gen Z) eher Startups im Technologiesektor bevorzugten, während die älteren Semester eher an «Club Deals» in verschiedenen Branchen interessiert seien.
Ugo Lagrotta ist Finanzmarktexperte und Risikomanager mit langjähriger Branchenerfahrung.