Kommende Woche findet die Aktionärsversammlung von Netflix statt. Zu reden geben dürfte dabei auch der Antrag eines Schweizer Fintech-Unternehmens. Der Streitpunkt: ein prominentes Mitglied des Verwaltungsrates und die Governance des Medienunternehmens.
Es ist eine ungleiche Rollenverteilung: Hier der weltweit grösste Streaming-Entertainment-Dienst mit weit über 600 Millionen Abonennten, dort das Fintech aus der Schweiz, das aufbegehrt und nicht gleich beim ersten Mal klein beigibt.
Inyova gegen Netflix – das bietet Stoff für Unterhaltung. Am kommenden 6. Juni wird an der Aktionärsversammlung des Internetgiganten das nächste Kapital geschrieben.
Affäre um abgesetzten Chefredaktor
In der Hauptrolle: Mathias Döpfner. Dieser ist CEO des Axel Springer-Verlages, der unter anderem «Bild», «Die Welt» oder «Politico Europe» herausgibt. Seit 2018 ist Döpfner Mitglied des Verwaltungsrates von Netflix. Dem deutschen Verleger wird eine Affäre zum Verhängnis, die schon ein paar Jahre zurückliegt.
Im Herbst 2021 musste der damalige Chefredaktor der «Bild»-Zeitung seinen Posten räumen. Ihm wurde Machtmissbrauchs in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen vorgeworfen. In diesem Zusammenhang wurden persönliche Nachrichten zwischen Döpfner und seinem ehemaligen Chefredaktors publik, die wegen ihres politischen Inhalts für Empörung sorgten.
Gegen Döpfners Wiederwahl
Inyova, das die Interessen von über 750 Netflix-Aktionären vertritt, sieht in Döpfner und unzureichenden Richtlinien ein Risiko in Zusammenhang mit Diversity und Inklusion, die bei Netflix einen hohen Stellenwert einnehmen; das Unternehmen veröffentlicht jährlich einen Bericht zu diesem Thema. Es bestehe die Gefahr, dass mit Döpfner die Glaubwürdigkeit des gesamten Unternehmens in Frage gestellt werde.
Aus diesem Grund fordert das Fintech die Netflix-Spitze dazu auf, die Richtlinien zu verbessern, um den Fall Döpfner vor dem Hintergrund möglicher Governance-Probleme zu untersuchen. Darüber wird die Aktionärsversammlung am kommenden 6. Juni entscheiden.
Im vergangenen Jahr kam es an der Aktionärsversammlung zu einem ersten Showdown. Damals versuchte Inyova die Wiederwahl von Döpfner als Verwaltungsrat von Netflix zu verhindern. Das Ansinnen blieb ohne Erfolg.
«Sind nicht die Klimakleber der Finanzbranche»
Nun legt das Zürcher Fintech nach. «Wir betrachten uns nicht als die Klimakleber der Finanzbranche. Wir suchen einen konstruktiven Dialog, um die Firmen, in die wir investieren, besser aufzustellen», sagt Gründer und CEO Tillmann Lang. Die Netflix-Führung trage im Fall Döpfner offenbar der geschäftlichen Risiken nicht genug Rechnung, die für das Unternehmen bei Reputation, Kunden und im Kampf um Talente entstehen. «Deshalb sind wir so hartnäckig. Wir vertreten schliesslich die Interessen unserer Kundinnen und Kunden, die in Netflix investiert sind», sagt Lang.
Tillmann Lang, Gründer und CEO Inyova (Bild: zVg)
Seit zwei Jahren wieder im Aufschwung
Inyova ist ein Impact-Investor, und will auch für ein kleines Budget Rendite durch Nachhaltigkeit bieten. Das Fintech ist seit 2019 am Markt. Geopolitische Krisen, Rezessionsängste sowie das Zinsumfeld haben das Fintech dann seit 2022 gezwungen, auf einen geänderten Markt zu reagieren. «Wir haben die Phase genutzt, um unser Profil zu schärfen», sagt Lang. So ist das Fintech nun nicht mehr nur auf Aktien fokussiert, sondern bietet auch ein Zinsprodukt sowie eine 3a-Lösung. Mit Erfolg: In vergangenen zwei Jahren konnte Inyova den Umsatz verdoppeln und die Kunden-Profitabilität vervierfachen.
Mit dazu beigetragen hat unter anderem auch die Partnerschaft im Bereich nachhaltiger Vermögensverwaltung mit der Migros Bank. Das Fintech hat dadurch an Breite gewonnen. «Ich glaube, wir dürfen auch im Namen der Migros Bank behaupten, dass die Zusammenarbeit bislang sehr zufriedenstellend ist», betont Lang.