FNZ hat in den vergangenen Monaten eine Shoppingtour hingelegt. Zuletzt übernahm der Anbieter von IT- und anderen Dienstleistungen für Finanzinstitute Firmen in Deutschland und Luxemburg. Aber auch in Bezug auf organisches Wachstum in der Schweiz gebe es noch Potenzial, sagt Länderchef Philippe Bongrand im Gespräch mit finews.ch.
Herr Bongrand, warum kommen die Kunden zu FNZ, wenn es um Digitalisierung in der Vermögensverwaltung geht?
Die Unternehmen investieren mehr in Technologie, und das ist gut so. Aber die Rendite auf diese Investition geht tendenziell zurück. Das hat jüngst eine Studie belegt, die wir zusammen mit der Boston Consulting Group verfasst haben. Auffallend waren die schlechten Kosten-Ertragsverhältnisse der Vermögensverwalter.
Was wir anbieten, ist Outsourcing. Und wir bieten drei Dinge auf einer einzigen Plattform an: Die Software, die Infrastruktur und das Back Office, weil wir damit die Synergien zwischen diesen Bereichen nutzen können. Es gibt andere Firmen, die Teile davon abdecken. Aber wir sind in der Lage, dies durchgängig zu tun, end to end.
«Die Vermögensverwaltung ist sehr komplex, und es gibt eine Menge Ineffizienzen»
Nur wenn man über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg arbeitet, kann man die Komplexität beseitigen und Vorteile erzielen. Wenn Sie eine Software von diesem Partner kaufen und etwas anderes von jenem, müssen Sie immer noch alles zusammenfügen - das ist oft mühsam und ineffizient.
Ist dabei der Kostenaspekt der Hauptgrund?
Die Vermögensverwaltung ist sehr komplex, und es gibt eine Menge Ineffizienzen, mit denen man umgehen muss. Und es ist sehr kostenintensiv, diese Probleme selbst zu lösen. Die Kunden kommen also im Wesentlichen aus zwei Gründen zu uns: Kosten und Wachstum. Es macht keinen Sinn, nur auf die Kosten zu achten, wenn Sie dadurch vom Wachstum des Geschäfts abgehalten werden.
Man kann nichts Grosses erreichen, wenn man nur an den Kosten arbeitet. Wenn Sie langfristig denken, geht es eher darum, eine Plattform zu nutzen, die ihr Wachstum unterstützt. Für die meisten ist es eine Mischung aus Kosten, Verbesserungen der Abläufe und Steigerung von Einnahmen und Wachstum.
Sie sind seit 2016 in der Schweiz und haben bereits zwei Unternehmen zugekauft, um ihre Position zu stärken. Kann da noch mehr kommen?
Unsere Strategie war schon immer eine Mischung aus organischem und anorganischem Wachstum und wir sind finanziell in einer Position, die es uns erlaubt, Unternehmen zu übernehmen, die strategisch zu uns passen. Ende 2021 haben wir zunächst Appway und dann 2022 New Access übernommen.
«Wir bedienen drei Arten von Akteuren in der Schweiz»
Jetzt haben wir hierzulande rund 200 Mitarbeitende an unseren Standorten in der Deutsch- und Westschweiz sowie im Tessin. Wir haben rund 100 Kundenbeziehungen. Aber wir sehen uns erst am Anfang unseres Weges in der Schweiz. Und wir betrachten uns immer noch als ein kleines Unternehmen mit einem enormen Potenzial.
Welche Institutionen sind Ihre Zielgruppe?
Wir bedienen drei Arten von Akteuren in der Schweiz bei ihrem Anlageangebot: Vermögensverwalter, Privatbanken und Versicherungsgesellschaften. Wir reduzieren für sie die Komplexität, indem wir die volle Verantwortung übernehmen und eine skalierbare, vollständig digitale Plattform anbieten, die auf Wachstum ausgelegt ist.
Was sind Ihre Ambitionen in der Schweiz und anderswo?
Wir haben sehr ehrgeizige Ziele. Wir wollen Spitzentechnologie einsetzen, um den Zugang zu Vermögensverwaltung zu erleichtern und mehr Menschen dabei zu helfen, in ihre Zukunft zu investieren. Wir haben kaum an der Oberfläche unseres Wachstumspotenzials gekratzt, sowohl weltweit als auch in der Schweiz. Unser Geschäftsmodell ist sehr skalierbar.
Sie sind nicht das einzige Unternehmen, das Lösungen für die Vermögensverwaltung entwickelt. Wer sind Ihre Konkurrenten?
Wir konkurrieren mit den Lösungen, die die Banken und Vermögensverwalter selbst entwickeln, und mit anderen Software- und Technologieunternehmen. Aber unsere End-to-End-Plattform ist wirklich einzigartig, und dadurch können wir uns abheben.
Wodurch unterscheidet sich der Schweizer Markt von anderen Regionen wie Grossbritannien, den USA oder Asien?
Die Schweiz ist der bei weitem am weitesten entwickelte und komplexeste Markt. Die Komplexität des Geschäftsmodells, die hohen Erwartungen der Kunden und die Tatsache, dass die meisten Vermögensverwalter grenzüberschreitend tätig sind, zeichnen ihn aus. I
«Es geht um 7 Billionen Dollar an Vermögenswerten»
In der Schweiz kann man zu jedem Finanzinstitut gehen und ein Konto in fast jeder Währung bekommen. Wo sonst ist das möglich? Versuchen Sie einmal, dies in Deutschland, im Vereinigten Königreich, in Frankreich oder in Italien zu tun.
Das ist der Grund für die Komplexität und die hohen Erwartungen der Endkunden. Und das hat die Exzellenz und das Fachwissens in der Schweiz auf ein Niveau gehoben, das es sonst nirgendwo auf der Welt gibt.
Wie kann Ihr Geschäft hier Ihnen anderswo helfen?
Die Schweiz selbst ist ein grosser Markt. Es geht um 7 Billionen Dollar an Vermögenswerten. Aber im Vergleich zu 250 Billionen Dollar weltweit ist es nicht der grösste Markt. Es gibt nur sehr wenige Länder auf der Welt, in denen es eine wirkliche Vermögensverwaltungsindustrie gibt. Die hier vorhandenen Kompetenzen können auch vielen anderen Ländern und Angeboten zugutekommen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche globale und regionale Akteure, die von der Schweiz aus operieren und wachsen wollen, und das eröffnet weitere Möglichkeiten. Unsere Fähigkeiten, unser Wissen und unsere Exzellenz kommen also eindeutig FNZ weltweit zugute.
In der IT wird oft der Fachkräftemangel beklagt. Wie sehen Sie den Wettbewerb um Talente?
Viele Tech-Firmen haben sich in der Schweiz niedergelassen, weil es hier eine sehr hohe Qualität der Mitarbeitenden gibt. Viele talentierte Leute wollen zu uns kommen und für uns arbeiten, weil wir wachsen, weil wir eine unternehmerische Kultur haben und weil wir gute Leistungen bieten.
«Das mag banal klingen, aber es bringt für die Branche enorme Vorteile»
Wir sind in der glücklichen Lage, grossartige Talente durch interne Empfehlungen und Mundpropaganda zu finden.
Künstliche Intelligenz hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erregt. Wird dies auch Ihr Geschäft verändern?
Wir konzentrieren uns auf die Vermögensverwaltung und darauf, den Beratern die Möglichkeit zu geben, die Anleger zu bedienen. Wir kümmern uns um die langweiligen Dinge des Geschäfts, wenn Sie so wollen. Wenn wir also über KI sprechen, stellt sich die Frage, wie sie diesen Vermögensverwaltern helfen kann.
Wir setzen etwa KI in der Datenanalyse ein, um Prozesse im Backoffice effizienter zu gestalten. Das Ziel ist, dass der Berater weniger Zeit mit administrativen Tätigkeiten verbringt und daher mehr Kunden betreuen kann. Das mag banal klingen, aber es bringt für die Branche enorme Vorteile.
FNZ-Schweiz-Chef Philippe Bongrand blickt auf eine lange Karriere in der Finanzwelt zurück. Vor seinem Wechsel zu FNZ beriet er beim Beratungsunternehmen Roland Berger Wealth und Asset Manager in Fragen der Effizienz, des Wachstums und der digitalen Transformation. Zuvor war er bei Oliver Wyman tätig gewesen. Zudem hat er mehrere Jahre im UBS Wealth Management gearbeitet, wo er den Bereich Marketing & Client Experience verantwortete.
FNZ ist eine globale Wealth-Management-Plattform. Das Unternehmen arbeitet mit mehr als 650 Finanzinstituten zusammen und zählt mehr als 8’000 Vermögensverwaltungsfirmen zu seinen Kunden. Weltweit beschäftigt FNZ rund 6’000 Mitarbeitende in 26 Ländern und auf der Plattform werden Kundenvermögen von mehr als 1,5 Billionen Dollar verwaltet. In der Schweiz ist das Unternehmen in Zürich, Winterthur Genf und Chiasso vertreten und hat hierzulande rund 200 Mitarbeitende.