Einst wurde der Bitcoin gefeiert, weil sich das «digitale Gold» unabhängig von den traditionellen Kapitalmärkten entwickelt. Doch in jüngster Zeit zeigt sich vermehrt, dass die Krypto- und Traditionsbörsen voneinander abhängen.
Die Korrelation von Krypto-Assets zu den Preisen an den klassischen Börsen ist ein heisses Thema. Bewegen sich die Preise digitaler Newcomer im Einklang mit den traditionellen Kapitalmärkten, oder sind sie der Fels in der Brandung? Gewiss, für Bitcoin & Co. sind die Zeitreihen, die zur Berechnung von Korrelationen herangezogen werden können, noch sehr kurz. Somit lässt sich eigentlich noch keine genaue Aussage machen.
Allerdings fällt in jüngster Zeit immer mehr auf, dass die Krypto-Börsen einbrechen, wenn auch die Traditionsbörsen in die Knie gehen. Dies ist zunächst darauf zurückzuführen, dass in Krisenzeiten sowohl an den etablierten Finanzmärkten, als auch bei den Kryptowährungen gleiche Handlungsmuster anzutreffen sind. Investoren handeln da häufig in der Herde und verstärken somit Negativeffekte.
Fehlen der Grossen
Bei den Krypto-Assets sind zudem noch relativ wenige institutionelle Investoren engagiert. Die Digitalwährungen kommen erst nach und nach in Mode, und Grossinvestoren entdecken die Welt langsam für sich. Dies führt dazu, dass an den Krypto-Börsen vermehrt Private handeln, und diese lassen sich stark von Stimmungen leiten.
Institutionelle haben meist einen langfristigen Anlagehorizont, was in unruhigen Marktphasen dämpfend wirkt. Durch das Fehlen solcher Grossinvestoren nehmen auch die Korrelationen zu – geht es an den Traditionsbörsen nach unten, ziehen die Krypto-Märkte da Hand-in-Hand mit.
Ein anschauliches Beispiel dafür sind die Kursexplosionen beim Token der Defi-Plattform Omicron, nur, weil die jüngste Coronavirus-Mutation von der Weltgesundheitsorganisation WHO just den gleichen Namen erzielt. Rational ist der Kursanstieg von 70 auf über 700 Dollar je Token während des vergangenen Wochenendes kaum zu erklären. Ein Grossinvestor wird sich von der Namensgebung allein wohl kaum zu Anlageentscheidungen in diesem Stil verleiten lassen.
Wertpapierleihe geht kaum
Noch ein Umstand spielt bei den gleichgerichteten Marktbewegungen eine entscheidende Rolle. So erhalten Krypto-Investoren für ihre Kapitalanlage kaum Lombard-Kredite, mit dem sie ihr Wertpapier-Portfolio erweitern oder schnell neue Chancen auf dem Markt wahrnehmen können, ohne dass sie Liquidität zuführen oder Vermögenswerte veräussern müssten. Dies geschieht fast ausschliesslich an den traditionellen Börsen, und auch Krypto-Investoren nutzen ihre Anlagen dort, um ihren Finanzierungsspielraum zu erweitern.
Brechen dann die Traditionsbörsen ein, müssen Investoren aufgrund von «Margin-Calls» ihre Sicherheiten aufstocken und nicht selten auf den Krypto-Märkten handeln und die digitalen Assets veräussern. Somit geraten diese unterschiedlichen Marktsegmente verstärkt in gegenseitige Abhängigkeiten und ziehen sich dann fast gleichzeitig nach unten.
Fehlendes Wissen
Natürlich spielen noch eine Reihe weitere Faktoren bei den Bewegungen an den Krypto-Börsen eine Rolle. So sind die erst fragmentarisch vorhandenen Research-Kompetenzen sowie fehlenden Research-Institutionen ein Hindernis, wie unlängst Stephan A. Zwahlen, der CEO des Zürcher Bankhauses Maerki Baumann, an einem Anlass ausführte. Gleichzeitig gebe es ohnehin noch wenig ausgereifte Sekundärmärkte für digitale Token. Und auch das komplexe Zusammenspiel von Technologie, Geschäftsmodell, Regulierung sowie Kundennutzen gilt als grosse Herausforderung.
Um Korrelation zwischen beiden Marktsegmenten für eine Diversifikation von Portfolios sicherstellen zu können, sind daher bei Krypto-Beimischungen – anders als beim traditionellen Investieren – regelmässige Anpassungen notwendig.