Der amerikanische Indexanbieter S&P Dow Jones geht bei seinen Aufnahme-Entscheidungen offenbar nicht neutral vor. Ein wissenschaftlicher Bericht legt den Verdacht nahe, dass Bestechlichkeit im Spiel ist.
Firmen, die gute Kunden bei der Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) sind, haben offenbar bessere Chancen, einen Platz im prestigeträchtigen US-Börsenbarometer S&P 500 zu erhalten. Zu diesem überraschenden Schluss kommt ein dreiköpfiges Forscherteam des amerikanischen National Bureau of Economic Research (NBER).
Die in diesem Monat publizierte Studie «Is Stock Index Membership for Sale» stellt fest, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Kauf von Bonitätsnoten (Ratings) und der Aufnahme in den Index. «Wir zeigen, dass der Kauf von S&P-Ratings die Chancen der Unternehmen auf eine Aufnahme in den Index zu verbessern scheint (der Kauf von Moody's-Ratings hingegen nicht)», schreiben die Autoren.
Mehr Ratings erhöht die Chancen
Mit anderen Worten: Offenbar verhilft der häufige Kauf von Ratings zu einem Platz im Index. Das ist insofern bedenklich, da die Aufnahme in einen solchen Börsenbarometer die Reputation des entsprechenden Unternehmens massiv erhöht. Bloss dürfte sich dies relativieren, sollte ein Platz tatsächlich käuflich sein.
Der Vorwurf der Bestechlichkeit steht im Raum, wie auch die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) feststellte. Viele der Indexanwärter schienen zuletzt verstärkt Anleihe-Ratings bei der Ratingagentur Standard & Poor‘s zu kaufen, einer Schwester des Index-Anbieters unter dem Dach des Konzerns S&P Global.
Fragwürdige Aufnahmekriterien
Generell sind Indexanbieter nicht über alle Zweifel erhaben. So gaben Finanzexperten in einer Umfrage des Indexanbieters FTSE Russell zu Protokoll, sie wollten keine Titel in solchen Prestigeindizes haben, die Aktionären zusammen weniger als 25 Prozent der Stimmrechte einräumten. Statt den Ergebnissen der Befragung zu folgen, drückte FTSE Russell diese Mitsprachequote bei seinen Indizes willkürlich auf fünf Prozent, wie die «SZ» feststellt.
Weiter stellen die Forscher fest, dass nicht einmal 70 Prozent der zuletzt in den US-Leitindex S&P 500 aufgestiegenen Unternehmen dessen Aufnahmekriterien erfüllten. Dies, obschon an den US-Börsen genügend Unternehmen zu finden wären, die sämtliche Kriterien der S&P-Indexmacher problemlos erfüllen würden.