Vermögenden Familien eilt der Ruf voraus, beim Investieren ein besonders glückliches Händchen zu haben. Warum mag das so sein?
Für Dominique Gosselin hat dies mit den Voraussetzungen zu tun, unter denen wohlhabende Familien oder deren Family Offices anlegen, wie er in einem Gespräch mit finews.ch erklärt.
Gosselin ist Partner der belgischen Investmentgesellschaft Whitestone, die wiederum in ihren Ursprüngen von den beiden Finanzexperten Sandro Ardizzone und Frédéric Pouchain gegründet wurde, die zuvor im Sold der Familie von Albert Frère gestanden hatten. Bis er vor drei Jahren 92-jährig verstarb galt Frère als der mächtigste Unternehmer Belgiens und einer der einflussreichsten Investoren in Europa – der einzige Belgier auch, der es in die «Forbes»-Liste der reichsten Personen auf der Welt brachte.
Whitestone als Anspielung auf Blackstone
Zu seinen bekanntesten Beteiligungen gehörten unter anderem die Schweizer Pargesa Holding, der Medienkonzern CLT (RTL Group) oder zeitweilig auch Teile des Bertelsmann-Konzerns. Viele dieser Anlagen waren in der Compagnie National à Portefeuille (CNP) zusammengefasst, aus der die Firma Whitestone hervorging.
Nicht zufällig ist der Name Whitestone auch eine Anspielung an die amerikanische Firma Blackstone, dem grössten Asset Manager der Welt, wie Gosselin im Gespräch weiter erklärt. Es ist der konsequente und langfristige Ansatz, der dabei im Zentrum steht.
Schweizer Investor
Vor kurzem erhöhte Whitestone seine Beteiligung an dem luxemburgischen Asset Manager European Capital Partners (ECP) auf 20 Prozent. Mit einem gleich hohen Anteil ist auch der Schweizer Vermögensverwalter Colombo Wealth an dem Unternehmen beteiligt. Den Rest halten einige luxemburgische Unternehmer.
ECP hat vor einigen Monaten einen Fonds lanciert, der hauptsächlich in kotierte Familiengesellschaften investiert und den Gosselin verwaltet. Insofern ist für ihn als Portfolio-Manager also die Frage zentral, was den Anlageerfolg von Familien ausmacht. In der Regel, sagt er, verfügten Familiengesellschaften über ein striktes Bilanz-Management. Ausserdem würden sie fast ausnahmslos eine sehr langfristige Anlageperspektive einnehmen.
Noch in den Kinderschuhen
Zudem seien wohlhabende Familien international so gut vernetzt, dass sie von aussergewöhnlichen und oft entsprechend auch lukrativen Investmentchancen – heute spricht man oft von Club Deals – frühzeitig erfahren würden. Aufgrund der meistens flachen Hierarchiestufen seien ihre Entscheidungswege sehr kurz, was vor allem in Zeiten von Kurseinbrüchen an der Börse ein grosser Vorteil sei – einerseits um rasch einzelne Positionen abzustossen oder, andererseits, «gefallene» Aktien zu kaufen.
Dies sei möglich, weil viele Familiengesellschaft stets über eine ausreichende Liquidität verfügten – nicht zuletzt, um bei Bedarf auch eigene Aktienrückkäufe zu tätigen, so Gosselin. Solche Erkenntnisse will der Belgier mit «seinem» Family Holdings Fund nutzen. Das Anlagevehikel mit einem Volumen von derzeit erst knapp 10 Millionen Euro steckt noch völlig in den Kinderschuhen. Aufgrund der Einschränkungen während der Pandemie verlief auch die Lancierungen vorwiegend auf Sparflamme.
Erste Investments
Doch das soll sich nun ändern. Mittelfristig will Gosselin ein Portfolio mit rund 40 Positionen aufbauen; erste Invesititionen flossen unter anderem in Warren Buffetts Gesellschaft Berkshire Hathaway sowie in die Hongkonger Konglomerate Jardine, CK Hutchison oder in die holländische Investmentgesellschaft Exor und die Fairfay India Holdings. Schweizer Firmen sind bislang nur bescheiden vertreten und nicht publik.
Die Schweizer Finanzbranche, insbesondere wegen ihrer vielen vermögenden Privatpersonen, Family Offices und institutionellen Anlegern ist für Gosselin jedoch eine sehr wichtige Anlaufstelle. Darum wird man ihn auch in den nächsten Monaten häufig in Zürich oder Genf antreffen. Und vor dem Hintergrund, dass grosse Anleger heute aufgrund der anhaltenden Tiefzinssituation und der hohen Bewertungen an den Börsen nach gezielten Investemnts Ausschau halten, namentlich nach solchen von sogenannten Stockpickers, als Spürnasen vielversprechender Aktien, könnte Gosselin zusätzlich Auftrieb verleihen.