Lange Zeit galten sie als unverwüstliche Akteure auf dem Schweizer Finanzplatz. Doch die fortschreitende Digitalisierung und die verschärften Gesetze machen den unabhängigen Vermögensverwaltern das Leben schwer, wie neuste Zahlen zeigen.
Wenn von der Schweizer Finanzbranche die Rede ist, stehen zumeist die Banken und dann die Versicherungen im Fokus. Die unabhängigen Vermögensverwalter hingegen gehen unter dem Radar durch – zu Unrecht.
Denn die landesweit 2'124 Unternehmen, die im Auftrag von Privatkunden Geld verwalten, stellen mit ihren betreuten Depots von gut 500 Milliarden Franken eine nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Grösse am Finanzplatz dar. Damit verwalten sie rund ein Sechstel aller in der Schweiz verwahrten «Assets». Entsprechend bieten sie nicht nur Arbeitsplätze, sondern sind selber für viele (Depot-)Banken eine attraktive Klientel.
Wenig bekannt
Unter diesen Prämissen ist vor 35 Jahren der Verband Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) entstanden, der aus Anlass seines Jubiläums in seinem Jahrbuch 2020 interessante Zahlen zur Struktur dieser Berufsgattung liefert, welche die wenigsten Schweizerinnen und Schweizer wirklich kennen.
(Zum Vergrössern, Grafik anklicken)
Dem VSV sind aktuell 754 Aktivmitglieder, 818 Einzelmitglieder und 61 Partnermitglieder angeschlossen. Gemäss Zahlen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) repräsentiert der Verband fast 40 Prozent aller Firmen, die in diesem Bereich in der Schweiz tätig sind und sich um eine entsprechende Bewilligung durch die Aufsicht bemühen.
Wie aus dem Jahrbuch weiter hervorgeht, verwaltet rund ein Drittel dieser Unternehmen jeweils weniger als 50 Millionen Franken an Kundengeldern, während rund 12 Prozent der Mitglieder mehr als 500 Millionen Franken betreuen.
Grosse haben sich abgespaltet
Um ihre spezifischen Bedürfnisse gegenüber Ein- oder Zweimann-Firmen besser zu repräsentieren, haben sich 2016 die mittlerweile 34 grössten unabhängigen Vermögensverwalter hierzulande in der Allianz Schweizer Vermögensverwalter (ASV) vereinigt. Sie engagieren sich über diese Organisation für ihre Belange.
Die Riesen im Metier beschäftigen knapp 1'200 Personen und bringen gut 100 Milliarden Franken an verwalteten Depots auf die Waage.
Per Definition Mikrounternehmen
Wie aus dem VSV-Jahrbuch weiter hervorgeht, haben drei Viertel der Mitglieder aber jeweils weniger als 100 Kundenbeziehungen, während nur gerade knapp 2 Prozent der Firmen mehr als 500 Kunden haben. Im Durchschnitt hat sich die Anzahl an Kundenbeziehungen pro Unternehmen gegenüber dem Vorjahr von 44 auf 42 reduziert.
Tatsächlich sind die meisten oder knapp 90 Prozent der unabhängigen Vermögensverwalter per Definition der Behörden Mikrounternehmen mit maximal zehn Beschäftigten. Knapp die Hälfte der VSV-Mitglieder hat weniger als vier Mitarbeitende. Der Median pendelte sich in den vergangenen vier Jahren zwischen 2,5 und 4 Vollzeit-Äquivalenten ein. Ein Trend zu grösseren Einheiten zeichnet sich nicht ab.
Beliebteste Banken
Im Schnitt arbeiten die unabhängigen Vermögensverwalter mit drei oder vier Depotbanken zusammen, zumal sie keine Banklizenz besitzen und so auch keine Kundengelder selber halten können. Grosse unabhängige Vermögensverwalter können aber durchaus ein oder zwei Dutzend Depotbanken anbieten.
Die drei meistgenannten Finanzinstitute sind die UBS, Julius Bär sowie die Credit Suisse (CS). Mit einigem Abstand folgen Vontobel, Pictet sowie Lombard Odier.
Wachstum in der Romandie und im Tessin
Gut 80 Prozent der unabhängigen Vermögensverwalter betreuen mehrheitlich in der Schweiz ansässige Kunden, gefolgt von der Klientel aus Deutschland (91,6 Prozent), Grossbritannien (26,2 Prozent), Frankreich (24,5 Prozent) und Italien (19,1 Prozent). Ausserhalb von Europa vereinigt der Nahe Osten den grössten Anteil mit knapp 40 Prozent.
Aufgrund der verschärften Regulierung auf dem Schweizer Finanzplatz durch Regelwerke wie Fidleg und Finig ist die Existenz für viele kleinere VSV-Firmen in Gefahr. Zwar ist der Mitgliederschwund nicht ganz so drastisch, wie er seit einigen Jahren prophezeit wird. Aber die Zahl von 754 Aktivmitgliedern im Jahr 2020 liegt deutlich unter dem Wert des Vorjahres von 796.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Rückgang vor allem in der Deutschschweiz (von 368 auf 352 Aktivmitglieder) stattfand, während sowohl die Romandie (320 auf 355) als auch das Tessin (100 auf 103) ein Wachstum verzeichneten.
Am Anfang einer neuen Epoche
Markant gestiegen ist in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der Einzelmitglieder (566 auf 818). Zum einen handelt es sich dabei um einzelne Mitarbeitende eines Unternehmens, vor allem aber auch um Leute, die nicht mehr beruflich aktiv sind, was wiederum unterstreicht, dass in der Branche der unabhängigen Vermögensverwalter eine neue Zeit Einzug hält.