Charlotte Bänninger sieht keine Notwendigkeit für Grossübernahmen im Schweizer Asset Management. Im Interview mit finews.tv sagt die UBS-Managerin und Vize-Präsidentin der Asset Management Association, wo die Schweizer Stärken liegen.
Frau Bänninger, die Schweiz möchte sich als international führender Standort für Asset Management positionieren. In der aktuellen «Merger Mania» im globalen Asset Management steht sie aber abseits. Warum?
Im Asset Management ist es schwierig, durch eine Übernahme Mehrwert zu generieren. Das Risiko ist hoch, dass gutes Personal und auch wichtige Kunden abspringen. Es ist so, dass im Asset Management Eins und Eins selten Zwei gibt.
Dazu kommt, dass es für grosse Asset Manager vielfach gar nicht nötig ist, das Risiko einer Grossakquisition einzugehen. Vielmehr wachsen sie durch kleine Zukäufe oder organisch.
Der Trend im Asset Management geht aber eindeutig hin zur Grösse. Nur wer skalieren kann, ist im Preiskampf wettbewerbsfähig. Was sind die Trümpfe der Schweiz in diesem Wettbewerb?
Für Investorinnen und Investoren sind die politische Berechenbarkeit und damit die Rechtssicherheit, eine stabile Währung sowie eine hohe Qualität der angebotenen Dienstleistungen wichtig. Internationale Asset Manager, die sich in der Schweiz niederlassen, schätzen zudem die Mehrsprachigkeit, die hohe Lebensqualität und die moderate Steuerbelastung.
Genügt das?
Das sind schon mal gute Voraussetzungen, und die Schweiz kann mit diesen Vorzügen sicherlich punkten. Wir verfügen auch über einen hohen Ausbildungsstandard und über einen starken Bankensektor.
Aber wir müssen uns nichts vormachen: Asset Management ist ein internationales Geschäft, das theoretisch von jedem attraktiven Standort auf der Welt ausgeübt werden kann.
Grossbritannien ist der grösste Player im europäischen Asset Management – und steuert auf einen harten Brexit zu. Was sind ihre Prognosen für den Standort und kann die Schweiz davon profitieren?
Für uns sind zwei Punkte relevant: Einerseits sind das die Beziehungen zwischen Grossbritannien und Europa. Und zweitens sind es die Beziehungen der Schweiz mit Grossbritannien. Wie sich das Verhältnis zwischen Grossbritannien und der EU entwickeln wird, hat auch auf die Schweiz einen Einfluss. Grundsätzlich führt der Brexit dazu, dass Grossbritannien in Europa ein Drittland wird.
«In der Schweiz werden 2'500 Milliarden Franken im Asset Management verwaltet»
Bisherige britische EU-UCITS-Fonds werden aus EU Sicht zu AIFs und verlieren den UCITS-Status. Die dortige Asset-Management-Industrie muss sich entsprechend umorganisieren und für den britischen Standort wird es zentral sein, dass Grossbritannien in Zukunft bilaterale Abkommen mit der EU und weiteren Ländern unterzeichnet – auch mit der Schweiz.
Ende Juni hat die Schweiz mit Grossbritannien übrigens eine Absichtserklärung unterzeichnet, um eine gegenseitige Öffnung für Finanzdienstleistungen sicherzustellen. Ein entsprechendes Abkommen ist für die Zukunft beider Standorte, Grossbritannien und Schweiz, von hoher Bedeutung.
Die Schweiz bietet nur beschränkte Wachstumsmöglichkeiten. Müssen sich die hiesigen Player nicht internationaler ausrichten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zumindest zu erhalten?
In der Schweiz werden 2'500 Milliarden Franken im Asset Management verwaltet. Im Vergleich zum weltweiten Volumen von über 100'000 Milliarden Dollar scheint das ein kleiner Anteil zu sein. Im Verhältnis zur Grösse der Schweiz ist diese Zahl aber beeindruckend, es sind immerhin 2,5 Prozent des weltweiten Volumens.
Aber es ist klar, der Schweizer Markt ist verhältnismässig klein und bietet nur beschränkte Wachstumsmöglichkeiten. Also geht es nun darum, wie die einzelnen Kuchenstücke verteilt werden.
«Auch kleinere Asset Manager sind kompetitiv»
Nun wachsen die grossen Schweizer Asset Manager seit längerem stärker im Ausland. Zudem werden die grossen Mandate ohnehin international vergeben. Die Schweizer Player verfügen darum im internationalen Wettbewerb über viel Erfahrung – und sie sind auch erfolgreich.
Für die kleineren Anbieter wäre der Zugang zum EU-Markt der Schlüssel zu mehr Wachstum. Dass hier eine Blockade herrscht, sorgt für Frustration. Gibt es andere Lösungsansätze?
Solange die Schweiz mit der EU kein Rahmenabkommen unterzeichnet, werden wir hier keine substanziellen Fortschritte sehen. Gerade die kleineren Schweizer Asset Manager sind vielfach in lukrativen Nischen tätig – und dies erfolgreich. Sie haben so ein bedeutendes Knowhow aufgebaut. Darum verfügen auch die kleineren Schweizer Asset Manager über einen kompetitiven Vorteil.
Nachhaltigkeit ist ein Pfeiler der Asset-Management-Strategie der Schweiz. Doch handelt es sich hier um einen globalen Trend. Wie kann sich die Schweiz differenzieren?
Die Schweiz sollte mit dem Nachhaltigkeitsthema und der Regulierung einen pragmatischen Ansatz verfolgen. Denn es ist wichtig, dass die Vielfältigkeit der Schweizer ESG-Produkte und -Dienstleistungen erhalten bleibt. Es ist notwendig, dass hier eine Balance gefunden wird zwischen dem Kundennutzen und dem Aufwand.
Dennoch: Um im Bereich Nachhaltigkeit als Asset Manager einen Unterschied machen zu können, muss die Einhaltung von Qualitätsstandards gesichert sein. Führt dies nur über eine internationale ESG-Regulierung?
Standards in Bezug auf Transparenz und Offenlegung bilden die Basis für einen Wettbewerbsvorteil. Aber wie gesagt ist es wichtig, dass diese Standards pragmatisch gesetzt werden. Aber die Schweiz muss sich am Ausland orientieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Das bedeutet, dass wir auch Standards von Regulatoren im Ausland annehmen müssen sowie Standards von Drittorganisationen. Die Schweiz kann stolz sein: Sie ist Vorreiterin der Nachhaltigkeitsbewegung und belegt im Green Finance Index den Spitzenplatz.
Zu beobachten ist im Asset Management eine starke Zunahme der Nachfrage, wie ESG-Themen im Research und im gesamten Anlageprozess eingebunden werden können. Die Asset Management Association Switzerland hat dieses Jahr zusammen mit Swiss Sustainable Finance Empfehlungen und Kern-Botschaften formuliert und herausgegeben.
Charlotte Bänninger ist Vize-Präsidentin der Asset Management Association Switzerland und Leiterin Fixed Income UBS Asset Management. Sie hat ihre gesamte Karriere, insgesamt 33 Jahre, bei der UBS verbracht.
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