Sein einstiges Engagement als Pfadfinder hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Credit-Suisse-Kadermann Daniel Hunziker seit einer Woche den Zürcher Bankenverband präsidiert. Was sind seine Pläne?
Daniel Hunziker, seit vergangener Woche sind Sie Präsident des Zürcher Bankenverbands (ZBV). Was hat der hiesige Finanzplatz für Bedürfnisse?
Der Erfolg hängt von guten Rahmenbedingungen ab. Dazu gehört eine Reihe von Faktoren – allen voran die Regulierung, bei der es wichtig ist, dass auch das richtige Mass eingehalten wird und uns Banken nicht unnötig bei unserer Arbeit behindert.
In diesem Kontext ist auch die Sicherstellung gleich langer Spiesse wichtig – sei es zwischen den kleineren und den grösseren Banken, aber auch zwischen zum Beispiel amerikanischen und Schweizer Instituten.
«Solche Tendenzen machen uns das Leben schwerer»
Eine weitere zentrale Grundlage für den Erfolg des Bankenplatzes ist die Verfügbarkeit von Fachkräften. Der Bedarf an Spezialisten ist bekanntlich sehr gross, zum Beispiel für die Umsetzung regulatorischer Initiativen, in der Compliance, im Risk Management oder in der IT. Es ist für uns Banken essenziell, einen möglichst uneingeschränkten Zugang zu Spezialisten aus dem Ausland zu haben, sofern wir diese nicht in der Schweiz finden können.
Insofern dürften europaskeptische Tendenzen in der Schweizer Politik Sie wohl ein wenig nervös machen?
Nicht nervös, aber solche Tendenzen machen uns tatsächlich das Leben schwerer – besonders in Fragen des Marktzugangs und der Personenfreizügigkeit. Im Rahmen dieser Möglichkeiten hat die Schweiz beim Inländervorrang einen aus meiner Sicht gangbaren Weg gefunden, um Berufsprofile zu bestimmen, bei denen die Hürden höher sein sollten, um jemanden aus dem Ausland in die Schweiz zu holen – sprich bei solchen Berufen, die von einer höheren Arbeitslosigkeit betroffen sind.
Gibt es noch andere Mittel gegen den Fachkräftemangel?
Neben den Fachkräften aus dem Ausland – und das ist die dritte Komponente, die unser Bankenplatz braucht – gehört es zur Pflicht der Banken, die Schweizer Ausbildungslandschaft mitzugestalten und mitzutragen.
«Ich arbeite seit 17 Jahren für die Credit Suisse»
Bei diesem Thema haben wir in den vergangenen Jahren viel erreicht, wenn man zum Beispiel an das Swiss Finance Institute (SFI) oder die diversen Initiativen zur Banklehre denkt.
Als Bankenverband werden wir auch künftig einen grossen Wert auf das Thema Aus- und Weiterbildung legen. Denn der Wandel in unserem Geschäft ist rasant. Ich arbeite seit 17 Jahren für die Credit Suisse (CS), und allein in dieser Zeit hat sich das Banking in vielen Bereichen massiv verändert.
Warum haben Sie nie die Bank gewechselt?
Das ist vielleicht schon ein bisschen eine Generationsfrage. Als ich mit 28 Jahren bei der CS begonnen habe, hätte ich mir das auch nicht vorstellen können. Sehr geholfen hat mir indessen, dass ich innerhalb der CS verschiedene Rollen ausüben konnte. Und ich hatte immer das Gefühl, dass ich ich selber bleiben kann.
«Ich schätze es, alle drei bis vier Jahre eine neue Funktion in der Bank ausüben zu können»
Von aussen betrachtet wirkt eine Grossbank häufig wie ein Apparat mit «gleichgeschalteten» Mitarbeitern. Tatsächlich trifft man aber enorm viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Ansichten, unterschiedlichen Bedürfnissen und Backgrounds. Das macht einen Job in einem grossen Unternehmen spannend. Zusätzlich schätze ich es auch, alle drei bis vier Jahre eine neue Funktion in der Bank ausüben zu können.
Jetzt ist eine zusätzliche Funktion hinzukommen. Was hat Sie motiviert, ZBV-Präsident zu werden?
Das Einstehen für den ganzen Finanzplatz, und nicht nur für ein einzelnes Institut. Das liegt mir sehr am Herzen. Deshalb beschloss ich vor drei Jahren, mich als Vertreter der CS im Vorstand des Bankenverbands zu engagieren. Das Präsidium ist jetzt ein weiterer Schritt.
Zudem habe ich seit meiner Jugend das Bedürfnis und den inneren Antrieb, mitzugestalten. Darum war ich früher bei der Pfadfindern, wo ich unter anderem Kantonalleiter war. Dieser Antrieb war schon immer da, und der verschlägt einem dann in solche Ämter. Wenn ich in meinem Leben zurückblicke, dann gab es immer wieder diese Momente, in denen ich mich für etwas engagieren wollte. Ich freue mich deshalb sehr auf meine neue Funktion!
Warum haben Sie sich vor 17 Jahren überhaupt entschlossen, Banker zu werden?
In der ersten Zeit nach dem Studium hätte ich mich gar nie als Banker bezeichnet. Heute bin ich stolz darauf. Der Reiz an einer Tätigkeit in einer Bank lag für mich immer in der Komplexität der Aufgaben, die man hier ausführen kann.
«Dieses Interesse entstand während meines Studiums und meiner Dissertation zum Thema e-Business»
Hinzu kam, dass Banken in der Wirtschaft eine wichtige Rolle einnehmen. Auch das hat mich motiviert. Ich wollte in einem relevanten Teil der Wirtschaft tätig sein. Dieses Interesse entstand während meines Studiums und meiner Dissertation zum Thema e-Business.
Was haben Sie sich für ihre Präsidentschaft vorgenommen?
Mein Vorgänger, Thomas Ulrich, hat in den vergangenen Jahren einen grossartigen Job geleistet. Der Verband ist aus meiner Sicht trotz oder vielleicht gerade wegen seiner schlanken Form sehr gut aufgestellt und erfolgreich tätig. Darauf können wir nun aufbauen.
Es ist mir zudem wichtig, dass der Verband auch künftig den Dialog mit der Politik pflegt und diesen noch intensiviert. Ebenso werden die Themen Ausbildung und die Arbeitsmarktfähigkeit der Mitarbeitenden eine hohe Priorität geniessen. Diese Themen waren schon immer ein wichtiges Tätigkeitsfeld des Bankenverbands und auch mir persönlich seit eh und je ein Anliegen.
«Gerade in Zeiten der Krise neigen die Menschen dazu, sich stark auf sich selber zu konzentrieren»
Ich möchte auch auf der grossen Bereitschaft aufbauen, ausserhalb des eigenen Instituts miteinander über gemeinsame Themen zu sprechen. Diese Vernetzung ist etwas, wozu wir als Verband noch mehr beitragen können.
Gerade in Zeiten der Krise – wie man das in den Jahren 2008/2009 sehen konnte – neigen die Menschen dazu, sich stark auf sich selber und die eigenen Themen zu konzentrieren. Doch jetzt kommen wir, vor allem auch die jüngere Generation, in eine Phase, in der der Austausch wieder stärker gesucht wird.
Der 45-jährige Daniel Hunziker präsidiert seit Anfang November 2019 den Zürcher Bankenverband (ZBV). Hauptberuflich arbeitet er bei der Credit Suisse (CS), wo er aktuell Leiter Strategie und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung in der Schweiz ist. Vor seiner aktuellen Aufgabe war er als Regionenleiter Zürich tätig. Seit 2015 vertrat er die CS als Vizepräsident im ZBV-Vorstand. Hunziker ist Ökonom und studierte an der Universität Bern.