Eine ostdeutsche Sparkasse hat den Vordenker des Kommunismus auf einer Kreditkarte verewigt. Die Kunden hätten es so gewollt, heisst es bei der Bank.
Marx, wir brauchen dich, um ans Kapital zu gelangen: Eine Kreditkarte mit aufgedrucktem Karl-Marx-Kopf (Bild) hat der Sparkasse Chemnitz Reaktionen aus der ganzen Welt beschert. «Es gab sogar Anfragen aus Amerika», wird ein Banksprecher in der deutschen Tageszeitung «Welt Online» zitiert.
Das Finanzinstitut sei von der Resonanz überrascht gewesen. «Marx und Geld war ja nichts Ungewöhnliches: Schliesslich war er zu DDR-Zeiten auch auf dem 100-Mark-Schein», so die Sparkasse.
Der Kopf gehört zur Stadt
Das Kredithaus aus Chemnitz mit ihren knapp 300'000 Kunden hatte ursprünglich nur eine spezielle Kreditkarte für Fussball-Fans im Angebot, heisst es. Kredit- oder Maestro-Karten mit regionalen Motiven sind in Deutschland keine Seltenheit.
Nachdem Nicht-Fussball-Fans unter den Kunden ihre Kritik an der mangelnden Auswahl äusserten, seien zehn weitere Motive entwickelt worden, darunter eben auch das mit dem Philosophen, dessen Namen die Stadt zu DDR-Zeiten trug. «Der Karl-Marx-Kopf gehört zur Stadt einfach dazu», so der Banksprecher weiter.
Marx-Anhänger als Neukunden
Bei einer Online-Umfrage siegte Marx mit deutlichem Abstand. «Jeder Dritte stimmte für Karl Marx. Und danach kam die Lawine ins Rollen», erinnerte sich der Banksprecher. Seit Anfang Mai bietet sie ihren Kunden auf Wunsch die Kreditkarten mit den zehn Motiven an – etwa 500 seien bislang ausgereicht worden, «die Hälfte davon mit Karl Marx», heisst es.
Der Sparkasse zufolge gab es auch Kunden, die Marx gegen ihre alte Kreditkarte eingetauscht haben. Hinzu kommt sogar eine Belebung des Neukundengeschäfts: Immerhin zwei Marx-Anhänger – einer aus Berlin, einer aus den alten Bundesländern – hätten extra ein Konto eröffnet, um an den Marx-Kopf zu kommen.
Chemnitz: «Stadt mit Köpfchen»
Tatsächlich hatte Chemnitz mit Karl Marx noch nie grosse Probleme. Einst warb sie sogar als «Stadt mit Köpfchen» für sich. Nach der Wende wurde zwar schnell per Bürgerentscheid der zu DDR-Zeiten verliehene Name Karl-Marx-Stadt abgelegt.
Ein Abriss des 1971 errichteten «Nischels» (sächsisch für Kopf oder Schädel), wie die Einheimischen das 7,10 Meter hohe Karl-Marx-Monument in der Innenstadt liebevoll-spöttisch nennen, stand derweil nie ernsthaft zur Debatte. Das Rathaus nennt ihn weiterhin stolz die am meisten fotografierte Porträtbüste der Welt.