Thomas Borer zu neuen Nazi-Vorwürfen: «Credit Suisse hat falsch reagiert»
Vor einigen Tagen wurde noch ein zweiter Konfliktherd virulent: Offenbar verlangt das Department of Justice (DOJ) von der UBS eine Strafzahlung in beträchtlicher Höhe, weil die Credit Suisse Bestimmungen des «Guilty Plea» in Sachen Steuerhinterziehung aus dem Jahr 2014 nicht vollumfänglich erfüllt habe.
Ich habe die Banken schon 1999 und dann wieder 2005 davor gewarnt, in den USA Hilfe zur Steuerhinterziehung zu leisten. Für ihr entsprechendes Fehlverhalten mussten sie ab 2008 Milliarden Bussen zahlen. Offensichtlich gab es bei der Credit Suisse verantwortungslose und gierige Dummköpfe, leider kann man diese Herren nicht anders bezeichnen, die meinten, sie könnten später erneut Amerikanern bei der Steuerhinterziehung helfen. Sofern sich dies bewahrheitet, dann ist die Busse gerechtfertigt, und die UBS muss sie als Rechtsnachfolgerin der Credit Suisse begleichen.
Kenner der Materie sagen, es sei quantitativ und qualitativ recht unbedeutend, man könne es auch unter dem Kapitel Nachlässigkeit ansehen.
Wenn man einmal erwischt wurde als Straftäter – und das wurde die Credit Suisse – sollte man besondere Vorsicht walten lassen. Vor den amerikanischen Steuerbehörden war nun wirklich jede Schweizer Bank ausreichend gewarnt. Mein Reservoir an Mitleid ist aufgebraucht. Wenn die Bankiers rechtzeitig einsichtig gewesen wären, hätte man den ganzen Steuerstreit mit den USA und Ländern Europas noch im Keim ersticken können. Aber die Bankiers wussten es einmal mehr besser… Die UBS hat dann 2008 wenigstens einen relativ günstigen Vergleich geschlossen. Die Credit Suisse hat zugewartet, weshalb es dann noch teurer wurde.
Vereinzelt hört man die Befürchtung, dass die UBS, und mit ihr der Schweizer Finanzplatz, nun systematisch zur Zielscheibe der US-Politik werden könnte.
Seit 1993 verfolge ich die Geschehnisse um den Schweizer Finanzplatz sehr genau. Die Fehler, die leider zu dessem stetigen Niedergang geführt haben, wurden allesamt von Schweizer Bankiers gemacht. Selbstverständlich nutzen andere Finanzplätze die Schweizer Eigentore aus. Das kann man in einem liberalen Wirtschaftssystem niemandem zum Vorwurf machen: Wenn mein Konkurrent Schwächen zeigt, versuche ich, in die Lücke zu springen und daraus Profit zu ziehen. Dass dahinter ein strukturierter Game-Plan steht, glaube ich aber nicht. Es ist Schweizer Selbstverschulden.
Thomas Borer ist ehemaliger Botschafter der Schweiz in Deutschland und Leiter der Task Force «Schweiz - Zweiter Weltkrieg». Seit über 18 Jahren ist er als Unternehmensberater tätig. Sein Unternehmen Dr. Borer Consulting führt nationale sowie internationale Mandate in den Bereichen Public Affairs, Business Development und Private Equity aus. In einigen Monaten erscheint Thomas Borers neues Buch über die Task Force «Schweiz - Zweiter Weltkrieg».
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