So geht erfolgreiches Lobbying. Der oberste Bankenaufseher der Federal Reserve hat die Pläne für die Anhebung der Kapitalanforderungen für die acht systemrelevanten Banken des Landes halbiert. Auch in anderen Ländern dürften die Pläne zur Stärkung der Banken-Resilienz, oder deren Einführung, verwässert werden. Ganz anders in der Schweiz.
Die Rede des Bankenaufsehers der US-Notenbank Fed, Michael Barr (Bild unten), war mit Spannung erwartet worden. Wie er dabei ankündigte, sollen die Mindestanforderungen an die Einlagenversicherung und an die Kapitalanforderungen der grössten Banken des Landes um 9 Prozent steigen. Ursprünglich hatte die Bankenaufsicht der Notenbank eine Anhebung um 19 Prozent ins Auge gefasst.
(Bild: Federal Reserve)
Eine endgültige Regelung der Anforderungen für die System-Banken dürfte nicht vor Mitte 2025 vorliegen. Und selbst nach der dann noch nötigen Verabschiedung dürfte es eine Frist von mindestens einem Jahr geben, bevor sie in Kraft treten.
Höhere Anforderungen an Systembanken
Betroffen davon wären JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs, Bank of New York Mellon, Morgan Stanley, Wells Fargo und State Street. Um gegen unerwartete Verluste und wirtschaftliche Schocks gewappnet zu sein, müssen sie aufgrund ihrer Systemrelevanz mehr Kapital vorhalten als kleinere Banken. Kleinere Banken müssten das Eigenkapital um 3 bis 4 Prozent stärken, sind aber vom Grossteil der schärferen Regeln ausgenommen. Die Grenze wird bei einer Bilanzsumme von 250 Milliarden Dollar gezogen.
Die Aufsichtsbehörden hätten ihren Entwurf nach Prüfung und Rücksprache angepasst, sagte Barr. Die Pläne, die Grossbanken zu mehr Eigenkapital zu verpflichten, waren auch eine Reaktion auf die Zusammenbrüche der Silicon Valley Bank und der First Republic Bank im Frühjahr 2023.
Kosten und Wettbewerb
Seitdem hatten die Wall-Street Banken aktiv gegen die Pläne lobbyiert. Unterstützt wurden sie dabei von Politikern aus beiden politischen Lagern. Die Bankenkrise habe nichts mit dem Eigenkapital zu tun gehabt und bei eine Anhebung der Anforderungen für die Marktführer würden sich die Kreditbedingungen für die amerikanischen Konsumenten und kleine und mittlere Betriebe verschlechtern und teurer werden, lauteten die Argument. Daneben wurde aber auch gerne auf die Wettbewerbsposition verwiesen.
Dies alles sind Punkte, wie sie auch von der UBS im Nachgang der Credit Suisse-Übernahme zu hören waren, wenn es um die Frage einer stärkeren Regulierung geht.
Schweiz setzt um, EU und UK zögern
Aber auch in anderen Ländern wehren sich die Banken gegen die Basel-III-Vorschriften. So hatte die EU deren Einführung in Teilen auf 2026 verschoben. Ein wichtiger Treiber hier waren die französischen Banken, die Druck auf die Regierung ausgeübt hatten. Auch in Grossbritannien rechnen Beobachter mit einer Abschwächung der Pläne. So dürfte die Bank of England den Starttermin für die strengeren Kapitalregeln von Mitte nächsten Jahres auf mindestens Anfang 2026 verschieben. Auch einige Zugeständnisse bei der Kreditvergabe an kleine Unternehmen und bei Hypotheken werden diskutiert.
Für Banken in der Schweiz sollen dagegen die Basel-III-Standards wie geplant zum 1. Januar 2025 vollumfänglich in Kraft treten. Zuletzt hatten Bankenvertreter eine Verschiebung von Teilbereichen ins Spiel gebracht. Doch der Bundesrat hatte dafür kein Gehör und beschloss die Umsetzung auf Anfang 2025 Ende Juni.
Die Änderung der Eigenmittelverordnung (ERV) würden damit wie geplant per Anfang 2025 in das Schweizer Recht überführt, teilte der Bundesrat mit. Im November 2023 hatte er den Terminplan festgesetzt. Trotz Verzögerungen in einigen Ländern wolle der Bundesrat am Terminplan festhalten, heisst es weiter.
Lektion in Demut
«Das Leben gibt einem reichlich Gelegenheit, die Lektion der Demut zu lernen und immer wieder neu zu lernen», sagte Barr in seiner Rede am Dienstag. Er verteidigte dabei vehement die Position, dass neue Leitplanken für die grössten Institute der USA notwendig seien.
«Einige Vertreter der Branche behaupten, dass unzureichendes Kapital nichts mit diesen Bankzusammenbrüchen zu tun hatte», sagte er. «Ich bin anderer Meinung.»
Das «Re-Proposal» von Barr wird von einigen Beobachtern als Kapitulation gesehen.