Ein einstiger Starbanker hat das Zürcher Traditionshaus Julius Bär auf Millionen verklagt – und vor Gericht in Venezuela bereits in der zweiten Instanz Recht erhalten. Damit wird das Zürcher Traditionsinstitut von einem unschönen Kapitel seiner jüngeren Firmengeschichte eingeholt.
Matthias Krull war einst ein viel gelobter Kundenmann von Julius Bär in Lateinamerika. Doch 2018 entliess ihn die Zürcher Privatbank; kurz darauf verhafteten amerikanische Ermittler den Banker in Miami wegen seiner Verwicklung in den Korruptions-Skandal rund um die venezolanische Erdölfirma PDVSA.
Am Ende wurde der Deutsche Ex-Banker in den USA zu 15 Monaten Haft verurteilt. Er befindet sich längst wieder auf freiem Fuss – und hat seither eine Rechnung mit dem Schweizer Institut zu begleichen.
Verzinsung schenkt ein
Denn wie die deutsche Zeitung «Die Zeit» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, geht Krull vor einem Arbeitsgericht in Venezuela gegen seine damalige Kündigung vor. Und das erfolgreich. Laut dem Blatt haben Richter in Caracas dem geschassten Julius-Bär-Mitarbeiter eine Abfindung von 4,5 Millionen Dollar zugesprochen.
Weitere rund 200'000 Dollar pro Monat an Zinsen kommen obendrauf, berechnet nach den von Hyperinflation geplagten Sätzen in Venezuela von im Schnitt 58 Prozent pro Jahr.
Bereits das zweite Mal verloren
Das ergibt, wie das deutsche Blatt bemerkte, ein Mehrfaches dessen, was ein CEO bei der Zürcher Privatbank im Jahr verdient. Der wegen des Signa-Debakels zurückgetretene Bankchef Philipp Rickenbacher etwa war 2023 mit einer Gesamtkompensation von 1,72 Millionen Franken bedacht worden. Gegenüber der Zeitung wollte sich Julius Bär nicht zum Urteil äussern.
Wie finews.ch erfahren hat, ist die in Caracas von der international tätigen Kanzlei Baker McKenzie vertretene Bank nun auch in der zweiten Instanz unterlegen. Im vergangenen Januar wurde sie dazu verdonnert, zusätzlich die Verfahrens- und Anwaltskosten von Krull zu übernehmen. Dagegen hat das Institut seither erneut Berufung eingelegt.
Transfer zu Gonet fand nicht mehr statt
Der Ex-Angestellte und seine frühere Arbeitgeberin kommen demnach noch lange nicht voneinander los.
Krull war seinerzeit von Julius Bär entlassen worden, noch bevor er in den USA verhaftet und die Vorwürfe gegen ihn öffentlich wurden. Die Kündigung habe das Institut damit begründet, dass es das Büro in Venezuela schliessen wollte, so der Zeitungsbericht. Wie auch finews.ch damals vermeldete, hatte der Banker darauf beim Genfer Haus Gonet anheuern wollen. Dazu kam es nicht mehr.
Verfahren der Finma
Julius Bär war nie Gegenstand des Verfahrens in den USA gewesen. Dennoch stellte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) im Jahr 2020 fest, dass es beim Geldhaus im Zeitraum von 2009 bis Anfang 2018 zu schweren Mängeln in der Geldwäschereibekämpfung gekommen sei. Das Enforcement-Verfahren der Schweizer Bankenaufsicht stand dabei auch im Kontext der PDVSA-Affäre.
Unter anderem verbot die Finma dem Institut zeitweilig, grössere Übernahmen zu tätigen.
Ausserdem wurde bei Julius Bär ein Aufseher eingesetzt, und die Bank startete mit «Atlas» ein aufwändiges Programm, um Lücken in der Compliance zu stopfen. Das schützte das Geldhaus nun offensichtlich nicht davor, von der Vergangenenheit eingeholt zu werden.