Dem Finanzplatz fehlt eine Swiss Green Investment Bank, schreibt Anna Stünzi vom Schweizer Thinktank Foraus. Nicht zuletzt liessen sich damit Expertise aufbauen und der Anlagenotstand lindern.

Es gibt viele Gründe, warum ein Offshore-Windprojekt, beispielsweise in Ghana, aktuell nicht finanziert wird. Obwohl der erzeugte Strom gebraucht würde. Obwohl ein funktionierendes Business Modell dahintersteckt. Obwohl die Finanzindustrie Anlagen sucht, um die Nachfrage nach Sustainable-Finance-Produkten zu erfüllen. Und obwohl das Projekt sogar Zugang zu internationalen Finanzflüssen hätte.

In den internationalen Klimaverhandlungen haben sich die Industrienationen verpflichtet, gemeinsam ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar bereitzustellen, um Entwicklungsländer bei der Finanzierung von Emissions-Reduktionen und Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.

Zwei zentrale Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel

Dabei gibt es zwei zentrale Herausforderungen: Erstens, wo und wie die gesprochenen Gelder eingesetzt werden, um die erwarteten Wirkungen zu entfalten. Es werden aktuell viel weniger Projektgelder gesprochen, als eigentlich finanzielle Mittel verfügbar sind.

Zweitens, wie die bisherige Mobilisierung privater Mittel verbessert werden kann, also eine Co-Finanzierung über private Akteurinnen und Akteure, die durch die öffentliche Hand zusätzlich ermöglicht oder angeregt werden. Dies ist notwendig, weil die Staaten die 100 Milliarden Dollar nicht allein mit öffentlichen Mittel decken können. Die Beteiligung der Privaten scheitert im Allgemeinen an fehlender Expertise und hoher Risikowahrnehmung.

Um die Beteiligung institutioneller Anlagen oder den Einsatz von Kapital der Banken zu ermöglichen, braucht es deshalb Finanzierungsvehikel, die explizit auf deren Bedürfnisse ausgerichtet sind. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass sogenannte grüne Investitionsbanken (GIB) sehr erfolgreich Projekte aufbauen und Privatkapital mobilisieren können – zum Teil mit einer Leverage-Ratio von bis zu 1:8.

Einschreiten bei Marktversagen

GIB sind weltweit etabliert als Institutionen, die gezielt Investitionen in nachhaltige Projekte und Business-Modelle fördern und privates Kapital mobilisieren. Eine GIB ist keine Retail-Bank. Es werden also weder Einlagen angenommen noch Ersparnisse verwaltet. Sie ist jedoch eine eigenständige, selbsttragende Finanzierungs-Gesellschaft, die eine staatliche Grundausstattung mit Kapital hat, von der Finanzmarkt-Aufsicht kontrolliert ist und als Investitionsbank agiert. Sie übernimmt dabei gleichzeitig die Rolle einer Geldgeberin und Informantin.

Erstens ermöglicht sie Anschubfinanzierung, wenn das Projekt einem Marktversagen begegnet, weil der private Markt für diese Art von Projekt, in dieser Investitionsgrösse oder an diesem geografischen Standort keine Finanzierung bereitstellt. Eine Investitionsbank kann, zweitens, auch einen bestimmten Betrag in Form von Garantien bereitstellen, um gezielt Risiken abzudecken. Dank der Verringerung des Risikos zieht das Projekt dann die notwendigen, zusätzlichen privaten Mittel an.

«Bankability» gewährleisten

Die Investitionsbank liefert, drittens, Experten-Informationen über mögliche Projekte, beispielsweise zur Rendite, den Kontext der Investition und Daten aus ähnlichen Projekten. Diese Informationen schliessen die Wissenslücken der privaten Parteien und liefern ihnen die notwendigen Daten, um eine fundierte Investitionsentscheidung zu treffen. Eine direkte Beteiligung und die Expertise einer GIB sendet ein positives Signal an private Akteurinnen und Akteure, dass das Risiko- und Leistungsprofil des Projekts gründlich geprüft wurde.

Schliesslich kann eine GIB auch selbst Projekte entwickeln oder Entwicklerinnen und  Entwickler beraten – und damit von Anfang an die «Bankability» gewährleisten.

Eine Swiss Green Investment Bank hätte eine doppelte Wirkung

Die Schweiz hat zugesagt, einen jährlichen Betrag von 450 bis 600 Millionen Dollar an die internationale Klimafinanzierung beizutragen. Der Bundesrat anerkennt selbst, dass die Mobilisierung der Privaten sehr anspruchsvoll und noch nicht genügend ist. Ausserdem wird neben dem Klimaschutz der Finanzierung für den Schutz der Biodiversität eine immer zentralere Rolle zuteil. Auch da ist die Mobilisierung von Privatkapital eine grosse Herausforderung. Denn die aktuellen Ansätze, hauptsächlich über direkte Zuschüsse, sind dafür ungeeignet.

In einem kürzlich erschienen Foraus-Diskussionspapier schlage ich zusammen mit meinen Co-Autoren Sébastien Chahidi und Daniel Wiener vor, dass die Schweiz eine Swiss Green Investment Bank (SGIB) gründet. Diese könnte dabei unterstützen, die Schweizer Verpflichtungen zur internationalen Nachhaltigkeits-Finanzierung zu erfüllen und dazu genügend Privatkapital zu mobilisieren.

Instrument der Standortpolitik

Zusätzlich kann eine SGIB aber auch den Aufbau neuer Expertise im Finanzmarkt induzieren und den Anlagenotstand von privaten Investorinnen und Investoren lindern. Letztere können sich so an hochwertigen, risikogeglätteten Projekten der SGIB beteiligen und gleichzeitig dazu beitragen, die Schweiz als nachhaltigen Finanzstandort zu positionieren.


Anna Stünzi studierte Psychologie und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Zürich und Kopenhagen und promovierte am Center for Economic Research der ETH Zürich. Sie arbeitet aktuell als Postdoctoral Fellow an der Universität St. Gallen, hat eine Affiliation am Potsdam Institut für Klimafolgen-Forschung (PIK) und doziert an der Universität St. Gallen und der ETH Zürich. Weiter ist sie Mitglied des Verwaltungsrats der Descartes Finance, Mitglied der Geschäftsleitung der GOE mbH und Präsidentin von Foraus, dem Schweizer Thinktank für Aussenpolitik. 2017 hat sie bei Foraus das Projekt Sustainable FinTech mitgegründet und aufgebaut.