Filme und TV-Produktionen übers Banking konzentrieren sich auf Männer. Eine neue Serie aus den USA hat eine Wallstreet-Bankerin zur Heldin – in Anlehnung an wahre Begebenheiten bei der Credit Suisse.
«Bulge Bracket» heisst die Serie, ein Begriff, den Investmentbanker kennen: Gemeint sind die bei einem Deal führenden Häuser, deren Namen in den Prospekten ganz oben und in fetten Lettern aufgeführt sind.
Der Titel ist Programm: Die in den USA vom Streaming-Dienst Amazon Prime ausgestrahlte Serie folgt der Jungbankerin Cathy (Jessika Van), die frisch von der Uni zur fiktiven Wallstreet-Bank Boldwyn Brothers stösst und dort ins eiskalte Wasser geworfen wird (siehe Video unten).
In den Episoden trifft sie auf übergriffige männliche Kunden, Kollegen, die sich weiterhin in ihrer Studenten-Verbindung wähnen, und natürlich auf die brutalen 100-Stunden-Wochen, die im Investmentbanking gerade für subalterne Mitarbeitende weiterhin die Regeln sind. Die an Irrwitz grenzenden Aufträge an Cathy sorgen dabei für Komik – obschon auch die aus dem Leben gegriffen sind.
Am Samstag einmal ausschlafen
Denn: Drehbuchautor Christopher Au hat die Protagonistin nach den Erfahrungen seiner Frau geformt, Cindy Au, wie er der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) erklärte. Sie war 2009 auf der Höhe der Finanzkrise zur Investmentbank der Credit Suisse (CS) in New York gestossen. Kurz danach sah sich das Ehepaar Au kaum noch: Ausser am Samstagmorgen, wo sich die beiden jeweils zum Brunch trafen – am Samstag durfte die Bankerin ausnahmsweise den Vormittag frei nehmen.
Aus der Sicht des Autors der Serie sind die Härten des Investmentbanking-Alltags kein Klischee. Die unteren Ränge, die Tag und Nacht malochen, um dereinst die Privilegien ihrer Chefs zu geniessen, die Strandhäuser in den New Yorker Hamptons besitzen und ihre Kinder auf teure Privatschulen schicken – das hat seine Frau erlebt. Und, wie Au erklärte, nur die wenigsten Jungbanker klettern die Karriereleiter bis ganz nach oben. Cindy Au warf nach zwei Jahren bei der CS den Bettel hin und wechselte zu einem Tech-Unternehmen.
Doppelt untervertreten
Anders als bekannte Filme übers Metier wie «The Big Short» oder «Wolf of Wall Street» rückt «Bulge Bracket» eine Frau ins Scheinwerferlicht – und eine asiatisch-stämmige noch dazu. Die Hauptfigur Cathy gehört damit gleich im doppelten Sinne einer Minderheit an: Frauen sind im Investmentbanking chronisch untervertreten, das gleiche gilt für Banker asiatischer Herkunft. Ihnen werden an der Wall Street gerne Excel-Listen anvertraut, aber nicht die grossen Deals.
Derweil haben die Schweizer Private Bankerinnen bereits «ihre» TV-Heldin: 2017 strahlte das Schweizer Fernsehen SRF unter der Regie von Bettina Oberli den Zweiteiler «Private Banking» aus. Im Fernsehfilm muss die Protagonistin nach dem Unfall ihres Vaters die Zügel einer Zürcher Privatbank übernehmen – und versucht, sauber zu bleiben im Geschäft mit schmutzigen Geld.