Die Schweizer Börsenbetreiberin SIX der Telekomriese Swisscom sehen sich beide als führende Zulieferer des Finanzplatzes. Nun wird die Rivalität in einen neuen Feld angefacht.
Wenn die SIX die zentrale Infrastrukturanbieterin im Swiss Banking ist, dann ist Swisscom dort der heimliche Riese. Denn während sich die SIX im Besitz von 125 Banken befindet und den Informations- und Geldfluss zwischen Geldhäusern, Händlern, Investoren und Dienstleistern sicherstellt, zählt der Telekomkonzern Swisscom mehr als 200 hiesige Geldinstitute zu seinen Kunden. Nicht wenige davon haben ihre gesamte IT an den «blauen Riesen» ausgelagert.
Die Rivalität zwischen den beiden Finanzplatz-Zulieferern wird nun mehr und mehr greifbar. Jüngster Streich: die SIX will im zweiten Quartal dieses Jahres eine eigene Plattform fürs Open Banking lancieren. Der Finanzkonzern bestätigte auf Anfrage einen entsprechenden Bericht der «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig).
Swisscom lancierte Open-Banking schon 2017
An diese Infrastruktur sollen Banken, Fintech-Firmen, Berater und Compliance-Spezialisten andocken können; schon fünf Banken seien daran, ihre Schnittstellen zum SIX-«Hub» bereitzustellen. Wie es bei der Börsenbetreiberin auf Anfrage heisst, seien aber alle Schweizer Finanzplayer auf der Plattform willkommen. In einer zweiten Phase sollen ab der Jahresmitte die Schnittstellen auf Drittanbieter ausgeweitet werden.
Auf diese Weise besetzt auch die SIX ein Thema, das mit dem Inkrafttreten der Digitalisierungsrichtlinie PSD2 in der EU in diesem Jahr definitiv zum «grossen Ding» im Banking avanciert.
Noch wenige angeschlossene Banken
Damit tritt der Finanzinfrastruktur-Konzern in direkte Konkurrenz zur Swisscom. Wie auch finews.ch berichtete, hatte letztere schon im November 2017 ihren eigenen «Open Banking Hub» angekündigt.
Die Anzahl der angeschlossenen Unternehmen war damals noch recht übersichtlich. Auf Anfrage heisst es bei der Swisscom, dass aktuell rund 20 Anbieter beabsichtigen, ihre Leistungen über den Marktplatz des Swisscom Open Banking Hub anzubieten. Das Ziel sei nun eine konsequente Vergrösserung auf der Anbieterseite sowie eine Steigerung der Nutzerseite.
Qual der Wahl
Fintechs und Banken, die sich nach einer Open-Banking-Lösung umsehen, können sich also bald zwischen zwei Grossanbietern entscheiden. Hinzu kommen kleinere Mitbewerber wie die Hypothekarbank Lenzburg. Die Branchenvereinigung SFTI ist derweil bemüht, wenigstens die Schnittstellen zu den Banken (API) einheitlich zu gestalten.
Man darf gespannt sein, wie die Swisscom auf den jüngsten Vorstoss der SIX ins Open Banking reagiert. Nur zwei Monate ist es her, als sich das Telekomunternehmen seinerseits ins SIX-Territorium vorwagte. So kündigte kündigte das sich mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche Unternehmen an, zusammen mit Partnern ein Ökosystem für Kryptoanlagen bauen zu wollen. Im Zentrum der Bemühungen steht die Kryptoaktie Daura, welche der Telekomriese mit entwickelte.
Kaum noch ein Geheimnis
Handelspartner der Initiative ist nicht etwa die SIX, sondern mit der Deutschen Börse eine direkte Konkurrentin aus dem Ausland. Diese Wahl sorgte für einiges Aufsehen in der Branche, umso mehr, als die Schweizer Börse mit der SIX Digital Exchange (SDX) ebenfalls an eimem Handelsplatz für digitale Wertschriften tüftelt.
Damals hiess es bei der Swisscom, die Türe zu Gesprächen mit allen möglichen Partnern fürs Krypto-Ökosystem stünden offen. Allerdings gilt es bei Managern des Telekomkonzerns als offenes Geheimnis, dass sie die SIX in diversen Finanzgeschäften konkurrieren möchten. Der Wettlauf der beiden Finanzinfrastruktur-Riesen dürfte damit noch längst nicht zu Ende sein.