Der Neustart der Raiffeisen-Gruppe kann nur gelingen, wenn der Nachfolger von CEO Patrik Gisel allerhand Qualitäten mitbringt. Das alles muss er können.

Der Zeitpunkt der Ankündigung von Patrik Gisels Abgang ist in vielfacher Hinsicht ungünstig gewählt. Zum einen laborierte der CEO der Raiffeisen Schweiz schon seit Monaten glücklos vor sich hin, und zum andern wirkt eine Demission ohne konkrete Nachfolgeregelung als Verzweiflungstat.

Vor diesem Hintergrund deutet einiges darauf hin, dass die Suche einem Nachfolger Gisels bereits auf Hochtouren läuft. Allerdings dürfte sich dieses Unterfangen nicht als einfach erweisen. Denn der CEO der systemrelevanten Raiffeisen-Gruppe muss einiges mitbringen. Nach Einschätzung von finews.ch sind folgende Qualitäten vonnöten:

1. (Gross-)Banken-Erfahrung

Die landesweite sowie systemrelevante Bedeutung der Raiffeisen-Gruppe macht es geradezu zwingend, dass der künftige CEO Banken-, um nicht zu sagen Grossbanken-Erfahrung mit sich bringt.

2. Netzwerker-Qualitäten

Als Chef der in allen Landesteilen tief verankerten Raiffeisenbanken muss ein CEO nicht nur eine hohe Affinität zur Schweiz haben, sondern über ein weit verzweigtes Netzwerk in der KMU-Landschaft besitzen. Das ist wichtig, um die Reputation der Gruppe wieder aufzubauen.

3. Weisse Weste

Nach den Turbulenzen der vergangenen Monate hat sich besonders deutlich gezeigt, wie bedeutsam es ist, dass der neue Mann absolut unbelastet ist, also eine «weisse Weste» trägt und in keiner Weise mit der «Legacy» Raiffeisen in Verbindung steht. Das spricht eher für einen Kandidaten von aussen.

4. Change-Management

Der CEO in spe wird einiges an Change-Management-Erfahrung mitbringen müssen, denn die Bankengruppe steht vor einem epochalen Umbau, der einen «Schönwetter-Kapitän» absolut überfordern würde. Das reduziert die Liste der potenziellen Kandidaten erheblich.

5. Governance-Kompetenz

Insbesondere braucht es einen CEO, der die hoch komplexe Governance des Raiffeisen-Konstrukts versteht, damit umgehen kann und last but not least auch die von der Finma angeregte Prüfung einer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft orchestrieren kann.

6. Sattelfest im Retailbanking

Gute Leute arbeiten auch bei Schweizer Privatbanken, und angesichts der anhaltenden Konsolidierung in diesem Sektor dürften einige dieser Chefs einem Wechsel durchaus nicht abgeneigt sein. Doch in den meisten Fällen dürften diese Leute durch die Maschen fallen, denn um die Raiffeisen-Banken operativ zu führen, ist Retailbanking-Erfahrung absolut unerlässlich.

7. Digitale Affinität

Retailbanking-Expertise allein wird allerdings nicht ausreichen, denn die Zeit bleibt nicht stehen. Während andere Regional- und Kantonalbanken digital schon sehr weit gekommen sind, lässt sich das von der Raiffeisen-Gruppe nicht unbedingt behaupten. Insofern muss der künftige CEO auch einiges zum Thema Digitalisierung im Rucksack haben. Das spricht für einen jüngeren Nachfolger Gisels.

8. Bodenständig und volksnah

Man darf nie vergessen: Die Raiffeisen-Institute sind eine äusserst heterogene Gruppe, die landauf landab ihre Eigenheiten pflegt. Vor diesem Hintergrund muss der zukünftige Chef in der Zentrale in St. Gallen eine beträchtliche Volksnähe besitzen und auch bereit sein, bodenständig und direkt die regionalen Befindlichkeiten abzuholen. Das ist nicht unbedingt die Stärke vieler Banker.

9. Strategisch fit

Klar ist auch, dass der Raiffeisen-Chef von morgen ein ausgewiesener Stratege sein muss, denn die derzeitige Bankengruppe präsentiert sich in vielfacher Hinsicht als Scherbenhaufen. Und neue Glaubwürdigkeit lässt sich nur wieder gewinnen, wenn auch die Inhalte stimmen und diese entsprechend umgesetzt werden. Strategisch gesehen spricht das eher für einen Kandidaten aus einer grösseren Bank, wo die Strategie alle paar Jahre wieder überholt wird.

10. Teamplayer aus Überzeugung

Der künftige CEO wird den schwierigen Job nicht im Alleingang meistern können. Dabei braucht er nicht nur aus dem Verwaltungsrat vollste Unterstützung, sondern muss auch auf operativer Ebene eine Crew zusammenbringen, die am gleichen Strick zieht. Mit anderen Worten: Der nächste CEO wird auch ein kluger Teamplayer sein müssen.

Und wer kommt in Frage?