Sie ist die beste Poker-Spielerin aller Zeiten. Nun heckt sie beim grössten Hedgefonds der Welt Strategien aus, um Konkurrenten auszustechen.
Erfolgreiche Poker-Spieler vereinen eine ominöse Mischung aus Erfahrung, Menschenkenntnis, Disziplin, und sie können blitzschnell die Wahrscheinlichkeit für das gegnerische Blatt errechnen.
Diese Eigenschaften verkörpert Vanessa Selbst wie keine andere vor ihr. Während über zehn Jahren stach sie beim Poker regelmässig ihre Tisch-Rivalen aus. Drei Mal gewann sie die World Series of Poker und sahnte insgesamt Preisgelder von rund 12 Millionen Dollar ab.
Der burschikos anmutenden 33-Jährigen gelang dieses Meisterstück ohne verspiegelte Sonnenbrille und Ohrpfropfen – Accessoires, die in hochkarätigen Pokerrunden oft benutzt werden. Sie ist damit die erfolgreichste Frau in der Pokergeschichte.
Pokerface von der Mutter geerbt
Das Talent wurde ihr offenbar in die Wiege gelegt. Denn bereits ihre Mutter finanzierte ihr Studium mit Pokerspielen. Per Ende 2017 hat sich die Tochter Selbst aber vom Spielzirkus verabschiedet, um ihre zweite Karriere zu lancieren, wie sie in einem ausführlichen Facebook-Post mitteilte.
Analogien zum Pokerspiel
Sie hat bei einer ganz exquisiten Adresse angeheuert: Dem weltgrössten Hedgefonds Bridgewater Associates. Sie ist bereits seit vier Monaten für den von Ray Dalio gegründeten, 160 Milliarden Dollar schweren Hedgefonds tätig, wie «Bloomberg» berichtete.
Der Fokus in ihrem neuen Job liegt auf Research und vor allem auf das Aushecken von gewinnbringenden Strategien. Bridgewater Associates nahm zur Personalie keine Stellung. Am neuen Ort geht es offenbar ähnlich zu und her wie am Pokertisch. «Ein Haufen Nerds arbeitet zusammen, um den Gegner zu schlagen. Und dies ist wahrlich nicht einfach», erklärt Selbst.
Auf die besten Talente angewiesen
Das millionenschwere Pokertalent hält auch was ihre Ausbildung betrifft ein gutes Blatt. Zwar brach sie ein Studium am Massachusetts Institute of Technology (MIT) ab. Danach wechselte die New Yorkerin aber zur renommierten Yale Universität, wo sie ein Jurastudium erfolgreich absolvierte.
Die Personalie wirft auch ein interessantes Licht auf die Hedgefonds-Industrie. Aufgrund ihres Anspruchs, in jeder Finanzmarktsituation eine Rendite zu erzielen und auf der Suche nach immer neuen Anlagestrategien, ist die Branche auf die hellsten Köpfe angewiesen. Solche Talente gilt es einzufangen, bevor sie zu den Tech-Giganten wie Google oder Apple ziehen – etwas das in den letzten Jahren oft der Fall war.
Einige Hedgefonds haben dieses Versprechen einer unbedingten Rendite nicht einlösen können. Ray Dalio, der im vergangenen April die operative Co-Leitung nach 42 Jahren abgab, bewies hingegen ein gutes Händchen. Er und sein Team, rund 1'500 Mitarbeiter, haben es geschafft, eine durchschnittliche Rendite von 10 Prozent pro Jahr zu erzielen – und dass über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren.