In Sachen Blockchain dürfe der Schweizer Finanzplatz auf keinen Fall den Anschluss verlieren, erklärt Mark Dambacher, CEO der Incore Bank, sonst würden Konkurrenten wie Apple oder Alipay den Markt erobern.


Herr Dambacher, Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam und UBS-CEO Sergio Ermotti haben in jüngster Zeit die Idee einer gemeinsamen Transaktionsbank verschiedentlich aufs Tapet gebracht. Was halten Sie davon?

Wenn sie kommt, ist es eine gute Sache. Aber ich glaube nicht, dass wir eine derartige Transaktionsbank schon in den nächsten Jahren sehen werden – obwohl der Schritt logisch und konsequent wäre. In Deutschland gibt es mit der deutschen Wertpapierbank bereits seit mehreren Jahren eine Transaktionsbank. Etwas Vergleichbares existiert in der Schweiz tatsächlich noch nicht.

Warum?

Ich habe den Eindruck, dass der finanzielle und der externe Druck noch nicht gross genug sind, um ein solches Projekt mit hoher Geschwindigkeit umzusetzen. Dabei wäre eine Transaktionsbank wichtig für den Schweizer Bankenplatz und liesse sich auch als Exportgut vermarkten, vor allem wenn Transaktionen über die Blockchain-Technologie abgewickelt würden. Die Credit Suisse und die UBS investieren viele Millionen Franken in Blockchain-basierte Transaktionssysteme.

«Ein Augenmerk richten wir auf die Hypothekarbank Lenzburg und auf Avaloq»

Hier darf der Schweizer Bankenplatz auf keinen Fall den Anschluss verlieren, sonst treten neue Anbieter wie Apple oder Alipay im Bereich des Zahlungsverkehrs in den Markt ein.

Die Transaktionsbank Incore ist seit zehn Jahren auf dem Markt und betreut neben der Swisscom und Avaloq grosse Outsourcing-Projekte. Wie erfolgreich sind Sie?

Ich sehe die Swisscom nicht als direkte Konkurrentin für unsere Zielkundschaft kleiner und mittelgrosser Privatbanken sowie Effektenhändler. Ein Augenmerk richten wir jedoch auf die Hypothekarbank Lenzburg und auf Avaloq. Letztere hatte jüngst ein paar schwierige Outsourcing-Projekte, was für sämtliche Anbieter nicht ideal ist.

Warum?

Dadurch geht der Glaube an den Nutzen von Outsourcing bei Banken etwas verloren. Dabei haben Schweizer Finanzinstitute im Vergleich zu Konkurrenten im Ausland noch viel Aufholpotenzial in Sachen Auslagerung von Prozessen.

Ist die Zurückhaltung der hiesigen Banken ist erstaunlich, angesichts des vorherrschenden Kostendrucks?

Wir müssen noch besser kommunizieren, was sich alles auslagern lässt, und welche Kostenvorteile damit verbunden sind. Da Incore selber eine Bank ist, kann sie Outsourcing-Services entlang der gesamten Wertschöpfungskette anbieten.

«Mit der Hochschule Luzern und weiteren Organisationen entwickeln wir eine Blockchain»

Die zentrale Frage für jedes Institut lautet: Welche Leistungen zeichnen meine Bank aus, und welche sind auslagerbar? In der Automobilindustrie würde es heute keinem Hersteller mehr in den Sinn kommen, sämtliche Bauteile selber zu produzieren, und trotzdem hat jede Automarke ihre Alleinstellungsmerkmale.

Forscht Incore auch an der vielversprechenden Blockchain-Technologie?

Ja. Zusammen mit der Hochschule Luzern und weiteren Organisationen entwickeln wir eine Blockchain, um Wertpapiere, die bilateral zwischen Finanzinstituten gehandelt werden, schneller, sicherer und billiger abzuwickeln. Der Pilot funktioniert bereits.

Anfang 2017 hat das Zürcher IT-Unternehmen Sobaco mit 51 Prozent die Mehrheit an Incore übernommen. Was war die treibende Kraft hinter diesem Schritt?

Sobaco zählte vor dem Zusammenschluss zu unseren Hauptkonkurrenten. Dank des Zusammenschlusses verfügen wir nun mit derzeit 15 Finanzinstituten über den grössten Private-Banking-Hub auf der Basis des Kernbankensystems Finnova. Den nächsten Neukunden werden wir demnächst kommunizieren können.

«In unserem Zielkorridor liegen hierzulande ungefähr 70 Finanzinstitute»

Damit haben wir als Outsourcing-Anbieter die kritische Grösse erreicht, um langfristig innovative Dienstleistungen anzubieten.

Incore ist primär in der Schweiz tätig. Wo sehen Sie künftig Ihre Wachstumsmöglichkeiten?

Unser Stammmarkt ist nach wie vor die Deutschschweiz. Wir planen aber verstärkt, ins Tessin und in die Romandie zu expandieren. In der Südschweiz haben wir bereits einen Kunden an Bord geholt. Unsere Schwestergesellschaft Sobaco hat die Banque Reyl als Kundin gewinnen können und verfügt über ein gutes Kontaktnetz in der Romandie. Dies erleichtert uns den Markteintritt.

Wir sind derzeit mit einem Büro in Genf präsent. Wenn wir zusätzliche Kunden gewinnen, dann sind wir auch in der Lage, Mitarbeiter von Banken zu übernehmen. Das Potenzial in der Westschweiz ist hoch, da die dortigen Finanzinstitute hinsichtlich Outsourcings noch Aufholbedarf haben. In unserem Zielkorridor liegen hierzulande rund 70 Finanzinstitute.

Was kann InCore besser als die Konkurrenz?

Unser Geschäftsmodell als reine Transaktionsbank erlaubt es uns, umfassendere Outsourcing-Dienstleistungen anzubieten im Vergleich zu einem BPO-Serviceanbieter. Dies führt zu einer höheren Reduktion der Komplexität und zu einer grösseren Effizienzsteigerung für unsere Kunden.

«Wir werden das vergangene Jahr mit einem kleinen Gewinn abschliessen»

Zudem sind wir betreffend der Auswahl der Software-Lösungen unabhängig. So können wir unseren Kunden optimale Lösungen in Form von «Software as a Service» zur Verfügung stellen.

Wie hat sich der Umsatz 2016 entwickelt, und was sind Ihre Ziele im laufenden Jahr?

Wir realisierten 2016 rund 20 Millionen Franken Umsatz und werden das vergangene Jahr mit einem kleinen Gewinn abschliessen. Wir schreiben seit drei Jahren wieder schwarze Zahlen. Davor haben wir einen Wechsel des Kernbankensystems zu Finnova durchgeführt, was sehr viele Ressourcen absorbiert hat.

«Das Momentum spricht für uns»

In den vergangenen zwei Jahren waren die Privatbanken primär mit juristischen und regulatorischen Fragen beschäftigt. Das haben auch wir gemerkt. Dieser Prozess ist nun aber mehrheitlich abgeschlossen, und wir konnten 2016 zwei neue Kunden gewinnen. Das Momentum spricht somit für uns. Wir planen weiteres Wachstum dank unserer effizienten und skalierbaren Verarbeitungsplattform.


Mark Dambacher ist seit der Gründung der Incore Bank im Jahr 2007 dabei. Der Wirtschaftsingenieur wurde 2010 zum stellvertretenden CEO ernannt und war verantwortlich für Risk und Compliance sowie für die Kundenbetreuung und Finanzen. Im März 2015 übernahm der gebürtige Deutsche die Leitung der Bank mit derzeit rund 50 Mitarbeitenden. Begonnen hat der Moto-Guzzi-Fan seine Karriere bei den Beratungsunternehmen KPMG und PwC.