Die Banken schmücken sich gerne mit smarten Apps und Social-Media-Tools. Dabei sind sie in der IT vor allem damit beschäftigt, die Vergangenheit in die Zukunft zu retten. Und dafür geben Sie Unmengen von Geld aus.
Sonderlinge in zerknitterten Manchesterhosen, Birkenstöcken und mit nikotingelben Fingern vom Kettenrauchen: Das ist das Zerrbild, das die akkurat gekleideten Banker von den Spezialisten für Kernbankensysteme im Kopf haben.
«Hosti» nennen sie diese Backoffice-Kollegen – von «Host», dem Herzstück jeder Banken-IT. Doch Witze zu reissen, getraut sich in ihrer Gegenwart keiner. Denn die «Hostis» sind die einzigen, die vergessene Programmiersprachen wie Cobol kennen und die oftmals stark in die Jahre gekommenen Systeme überhaupt noch verstehen.
Angst vor dem Herzstillstand
Wenn sie nicht wären, das wissen alle hinauf bis zum CEO, könnte das Herz der Bank von einem Tag auf den anderen aufhören zu schlagen.
Die Kernsystem-Spezialisten mögen zwar Dinosaurier sein. Doch vor dem Aussterben sind sie deshalb noch lange nicht bedroht. Im Gegenteil: Wie eine bei 55 Finanzinstituten in 24 Ländern durchgeführte Umfrage des global tätigen IT-Dienstleisters CSC nahelegt, ist es um deren Jobchancen blendend bestellt.
Vergangenheit in die Zukunft retten
Die CSC-Studie kommt nämlich zu einem überraschendem Befund: Während in den meisten Branchen stets ein Mangel an Know-how der neuesten IT-Technologie herrscht, ist bei Finanzdienstleistern oftmals genau das Gegenteil der Fall.
Dort gilt es, gewachsene Systeme zu unterhalten und dabei einen Wust an gesetzlichen Vorschriften zu erfüllen. Dazu sind Kenntnisse des «status quo» machtentscheidend. «Es zeigt sich besonders im Backoffice von Finanzorganisationen, dass nicht in jedem Fall die neusten Kompetenzen gefragt sind», stellt die Studie fest. «In vielerlei Hinsicht sind Kompetenzen im Bereich älterer Technologien sogar wichtiger.»
Zudem: Banken mögen sich in der Öffentlichkeit gerne mit neuen Apps und Social-Media-Tools schmücken. Das kann aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sie bezüglich IT-Technologie vorab damit beschäftigt sind, die Vergangenheit in die Zukunft zu retten.
Die Dinosaurier können sich freuen
Gemäss der CSC-Studie stecken Finanzorganisationen die grössten Ressourcen und Planungsleistungen bei IT-Projekten in die Überarbeitung bestehender Plattformen (60 Prozent) sowie Upgrades der Kernbanksysteme (53 Prozent). Dieser Befund gilt übrigens auch in den aufstrebenden Schwellenländern.
Und: «Wichtige Weichenstellungen für künftiges Wachstum – beispielsweise mit der professionellen Analyse von Kundendaten – fehlen häufig auf der strategischen Agenda», stellt die Studie fest. So würden Business Intelligence und vorausschauende Analysen nur von 15 Prozent der befragten Finanzdienstleister als Top-IT-Priorität genannt.
Den «Dinosauriern» kann das nur recht sein.