Der Insolvenzverwalter des konkursiten deutschen Fintechs Wirecard bereitet eine Klage gegen EY vor. Damit droht die Reputation der Big-Four-Beratungsfirma auch ausserhalb von Deutschland unter Druck zu kommen.
Der Wirecard-Skandal um Luftbuchungen in testierten Jahrensabschlüssen hat schon weitreichende Folgen für die Politik und Finanzwelt in Deutschland gehabt. Nunmehr kommt aber der Wirtschaftsprüfer EY wegen der Milliarden-Pleite immer mehr in Bedrängnis.
So prüfe Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé allfällige Schadensersatzansprüche gegen EY und habe daher ein Team um Wirtschaftsprüfer Martin Jonas von der Firma Warth & Klein Grant Thornton für ein Gutachten beauftragt, berichtete das deutsche «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) am Montag. Eine Klage sei bereits in Vorbereitung, hiess es weiter.
Unbegrenzte Haftung
Jonas soll demnach insbesondere klären, ob EY bei den Prüfungen der Wirecard-Bilanzen vorsätzlich Fehler gemacht hat. Bei direktem oder indirektem Vorsatz würde EY unbegrenzt haften. Bei Fahrlässigkeit ist die Haftung gemäss dem deutschen Gesetz auf vier Millionen Euro limitiert.
Einiges deutet aber darauf hin, dass es bei den Bilanzprüfungen von EY schwere Versäumnisse gab. Ein Bericht des Sonderprüfers Martin Wambach von der Prüfungs- und Beratungsfirma Rödl & Partner im Auftrag des deutschen Untersuchungsausschusses fällt für EY verheerend aus. Diesen Bericht hatte das «Handelsblatt» am Freitag publiziert, obwohl ein Gericht dem generellen Begehren nach Veröffentlichung nicht nachgegeben hatte.
Dilettantische Arbeitsweise?
Der Bericht listet gravierende Mängel auf, wie sich die Prüfer von EY vom Wirecard-Management haben hinters Licht führen lassen. So wurden zum Beispiel offensichtliche Unstimmigkeiten in Unterlagen übersehen oder eindeutige Warnsignale ignoriert, weil bedeutende Geschäftspartner von Wirecard etwa falsche Email-Adressen oder keine funktionierenden Webseiten hatten.
Solche Meldungen sind Gift für einen Wirtschaftsprüfer. Andere Kunden, deren Jahresabschlüsse von EY testiert wurden, werden sich fragen, wie sich diese Reputationsrisiken auf sie selbst auswirken. Die Probleme aus Deutschland könnten zudem in die Schweiz überschwappen, zumal die Prüffirma den DACH-Raum mit Deutschland und Österreich als eine grössere Einheit zusammenfasst.
Auch EY erwägt rechtliche Schritte
EY äusserte sich mit Blick auf Wirecard, die Aufklärung des Falls habe oberste Priorität. EY habe auch keine Einwände dagegen, dass die zentralen Erkenntnisse der Ermittlungs-Beauftragten öffentlich bekannt gemacht würden, wenn dies im dafür vorgesehenen rechtlichen Verfahren zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden und der Geschäftsgeheimnisse von EY erfolge.
Die Veröffentlichung des «Wambach-Reports» hält die Beratungsfirma deshalb für «höchst fragwürdig» und für eine klare Missachtung des dafür vorgesehenen rechtsstaatlichen Verfahrens. Die Veröffentlichung verletze Persönlichkeitsrechte. «Aus diesen Gründen prüfen wir strafrechtliche Schritte», so EY.
UBS und ZKB als gute Kunden
EY hat hierzulande beispielsweise in der Finanzwelt namhafte Prüfmandate – bei der Grossbank UBS sind sie schon seit Jahren als Haus-Prüfer im Geschäft, und auch die Zürcher Kantonalbank ZKB ist ein guter Kunde von EY.
Wie auch finews.ch berichtete, will eine amerikanische Finanzinvestorin ohnehin wegen der Milliarden-Pleite der Zuge Briefkastenfirma Zeromax gerichtlich gegen EY Schweiz vorgehen. Derweil hat EY in Aussicht gestellt, in den nächsten Jahren weltweit mehr als zwei Milliarden Dollar für eine Verbesserung der Qualität im Audit auszugeben.