Preis und Performance seien nicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Asset Management, sagt Claude Kurzo, CEO von J.P. Morgan Asset Management Schweiz. Wegen der Coronakrise würden andere Vorteile ins Gewicht fallen, sagt er im Gespräch mit finews.ch.

Für Claude Kurzo hat sich die Welt seit Corona nicht in allen Belangen verändert – so, wie das manche Leute behaupten. Auch im Asset Management nicht, wie er im Gespräch mit finews.ch erklärt. Er habe bereits vor einigen Jahren untersucht, mit welchen Kriterien sich erfolgreiche Anbieter differenzieren könnten, sagt Kurzo, heute CEO von J.P. Morgan Asset Management in der Schweiz. Daran habe sich wenig geändert.

Vier Kriterien geben seines Erachtens den Ausschlag: die Performance, der Preis, die Innovationsfähigkeit sowie ein Kriterium, das er als «Sales und Service Alpha» bezeichnet. Seine Erkenntnisse beruhen auf einer Untersuchung, die er in seiner früheren Funktion als Leiter der Strategie von J.P. Morgan Asset Management in New York durchführte.

Performance und Preis zweitrangig

Interessanterweise sei die Investment-Performance, also der Leistungsausweis der angebotenen Finanzprodukte, nur ein Faktor für den Erfolg, stellt der Schweizer, der seit acht Jahren für den US-Konzern arbeitet, fest. «Klar, ohne Performance fliesst kein Geld», sagt Kurzo, betont aber auch, dass dies noch kein Differenzierungsmerkmal sei. Investment-Performance müssten alle erfolgreichen Anbieter liefern.

Auch der Preis, also wie viel ein Produkt im Verkauf koste, sei insgesamt nicht Match entscheidend, so Kurzo weiter. Fonds beispielsweise würden sich nicht per se besser verkaufen, wenn sie günstiger seien. Natürlich müsse sich das Angebot innerhalb einer bestimmten Preisspanne befinden, doch was wirklich den Ausschlag gebe, damit ein Kunde zugreife, sei die Innovationskraft eines Produkts.

Neuland betreten

«Fonds, die weniger als drei Jahre alt sind, verzeichnen höhere Netto-Zuflüsse als ältere Anlagelösungen», sagt Kurzo und bezieht sich dabei auf entsprechende Daten, die J.P. Morgan Asset Management zum Fondsmarkt erhoben hat. Daraus zieht er den Schluss: «Neue Produkte sind oft innovativ und stossen damit auf ein reges Interesse bei Investoren. Dies steht im Gegensatz zum Mythos, dass erfolgreiche Anlageprodukte mindestens drei Jahre Historie brauchen.»

Was auf Anhieb vielleicht banal klingt, setzt jedoch die Fähigkeit eines Asset Managers voraus, sozusagen Neuland zu betreten – nur so kann er innovativ sein. J.P. Morgan Asset Management arbeitet dabei nicht einmal nur mit der eigenen Grösse und dem weltweit verbreiteten Markennamen, sondern, und das überrascht auf Anhieb, genauso auf die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Finanzdienstleistern.

Mehr als 10'000 Aktien gefiltert

Als ein Beispiel erwähnt Kurzo die Zusammenarbeit mit der UBS, die sich dieses Jahr etwa mit der Lancierung eines Fonds im Bereich der Gentherapie manifestiert. Dabei kommt ein sogenannter Themebot zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein firmeneigenes Spracherkennungssystem, das Aktien mit Bezug zu einer ganze Reihe von Investmentthemen identifiziert.

«Durch den Natural Language Processing Themebot, wie er mit vollem Namen heisst, werden mehr als 10'000 Aktien weltweit gefiltert und dabei Hunderte Millionen von Datenquellen analysiert, wie Zeitungsartikel, Unternehmensprofile, Forschungsergebnisse und Zulassungsunterlagen», erklärt Kurzo.

Mensch und Maschine

«Auf diese Weise lassen sich die Aktien mit dem höchsten Engagement in diesem Thema ermitteln», sagt er weiter. Parallel dazu untersuchen die Analysten von J.P. Morgan aktiv die Aspekte Liquidität, Marktkapitalisierung sowie die Rentabilität der vom Themebot vorgeschlagenen Titel.

«Das ist für mich eine Innovation», betont Kurzo im Gespräch und illustriert damit, wie in einer Partnerschaft zwischen einem Wealth- und einem Asset Manager eine Differenzierung von der Konkurrenz möglich ist.

Neues Potenzial

Themenbezogene Investmentstrategien – wie Genetic Therapies – hätten seit dem Ausbruch der Covid-19-Krise definitiv den Durchbruch erlebt, berichtet Kurzo weiter. Zu diesen Themen gehörten neben dem Bereich der Gesundheitsvorsorge, im weitesten Sinn, auch Umweltthemen und Technologie.

«Die Anleger stellten fest, dass sich diese Art von Investitionen trotz oder gerade wegen der Corona-Krise sehr gut entwickelte», sagt Kurzo. Unter diesen Prämissen sieht er eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass themenbezogene Anlageprodukte, die bislang eher in Advisory-Mandaten Zuspruch fanden, künftig auch in diskretionären Mandaten grosser Vermögensverwalter Einzug halten.

Noch geringe Durchdringung

Noch sei die Durchdringung sehr klein, was sich mit den Erfahrungen aus der Coronakrise allerdings ändern könnte; zumindest gebe es genügend Indizien dafür. Zudem bestehe ein erhöhtes Interesse an nachhaltigen und sozialen Investmentstrategien, die sich ebenfalls gut via Themenbereiche abdecken liessen: wie Clean Water, Sustainable Water oder Recycling and Reuse, sagt Kurzo.

Als ein weiteres Beispiel zum Thema Innovation gelten Infrastrukturfonds, die bisher grossen institutionellen Investoren vorbehalten waren, und die J.P. Morgan Asset Management nunebenfalls mit der UBS erstmals für ein breites Wealth-Management-Publikum zugänglich macht.

Grosser Aufholbedarf

«In dem Fall geht es darum, die Einstiegshürde für Anleger, die bislang bei 10 Millionen Franken lag, so zu senken – auf 100'000 Franken –, dass auch private Investoren an diesem Finanzvehikel partizipieren können», sagt Kurzo. «Dabei erschliesst uns die Zusammenarbeit mit der UBS die entsprechenden Vertriebskanäle weltweit», unterstreicht er und weist gleichzeitig darauf hin, dass Wealth-Management-Kunden insgesamt einen grossen Aufholbedarf in den Bereichen Infrastruktur und Private Markets hätten.

Solche Anlagen sind vom anhaltenden Tief- und Negativzins-Umfeld abgekoppelt und korrelieren überdies wenig mit den traditionellen Finanzmärkten. Insofern sind sie für viele Investoren durchaus attraktiv.

Kraft der Marke

Wenn dabei – wie eingangs erwähnt – die Markenkraft eines Unternehmens wie J.P. Morgan Asset Management einen positiven Einfluss zeitigen kann, ist auch das vierte Differenzierungsmerkmal – das Sales und Service Alpha – gegeben, wie Kurzo abschliessend feststellt.