Der letzte wohl kaum, aber die Einführung ist hierzulande sicher weniger drängend als in anderen Ländern. In Schweden zum Beispiel steht das Thema höher auf der Tagesordnung wegen des starken Rückgangs der Bargeldnutzung. Die Riksbank möchte sicherstellen, dass der Zahlungsverkehr auch dann noch funktioniert, wenn die Banken in Schieflage geraten. Dies ist in der Schweiz momentan kein Thema, weil hierzulande Bargeld viel stärker genutzt wird.

Aber dies bedingt doch, dass man die physische Währung im Umlauf belässt und die Realwirtschaft zwingt, diese zu akzeptieren?

Dem ersten Teil würde ich zustimmen. Beim Zwingen wird es etwas schwieriger. Aber klar, es stellt sich die Frage, wie auch diejenigen am Wirtschaftsleben teilhaben können, die sich kein Konto leisten können. Aber dies ist eine sozialpolitische Frage und keine Aufgabe der Zentralbank.

Denken Sie, dass es für die weitere Entwicklung der Idee ein Land braucht, das eine Pionierrolle übernimmt?

Schweden liegt da auf der Hand. Ich denke aber, es wird kein grosser erster Schritt werden – die Prepaidlösung, die ich vorher erwähnt habe, ist nur eine kleine Revolution. Sie hat überschaubare Folgen, das Geld wird nicht verzinst und stellt deshalb noch keine Bedrohung für das Einlagengeschäft der Banken dar.

Wo sehen Sie die Aufgabe der SNB?

Sie muss die Lage beobachten und sich Gedanken darüber machen, wie elektronisches Zentralbankgeld für alle in der Schweiz eingeführt werden könnte. Dabei wären unter anderem juristische Hürden zu überwinden.


Dirk Niepelt, 49, ist der Direktor des Studienzentrum Gerzensee, einer Stiftung der Schweizerischen Nationalbank. Gleichzeitig arbeitet er als Professor für Makroökonomie an der Universität Bern. Zwischen 2007 und 2014 war Niepelt als Professor am Institute for International Economic Studies in Stockholm tätig. Seine Ausbildung bis zum Doktorat absolvierte Niepelt an der HSG in St. Gallen. Zudem war der Ökonom zwischen 1996 und 2000 am Massachusetts Institute of Technology MIT und erlangte einen PhD in Economics. Niepelt wurde in Konstanz am Bodensee geboren.