Die deutsche Gewerkschaft Verdi hat in den Lohnverhandlungen mit den privaten Banken ein Lohn-Plus von 10,5 Prozent ausgehandelt. In der Schweiz läuft es anders.

Sie gilt als eine der schlagkräftigsten Gewerkschaften Europas: Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

In den vergangenen Monaten hatte sie sich, gemeinsam mit deutschen Bank-Angestelltenverband, einen sogenannten Tarifstreit mit dem Arbeitgeberverband Banken geliefert, der die privaten Banken in Deutschland vertritt.

Warnstreiks bei grossen Banken

Bestandteil der Auseinandersetzung waren auch Warnstreiks bei der Deutschen Bank, der Commerzbank und Unicredit, wie unter anderen das «Handelsblatt» berichtete.

Die ursprüngliche Forderung der Arbeitnehmerseite belief sich auf eine Lohnsteigerung von 12,5 Prozent (Verdi) oder 16 Prozent (Bank-Angestelltenverband).

Plus von 10,5 Prozent

Herausgekommen sind gemäss Medienmitteilung jetzt 10,5 Prozent im Vergleich zur vorigen vertraglichen Regelung aus dem April 2022, gestaffelt über die nächsten drei Jahre. Diese Zahl nennt auch der Arbeitgeberverband Banken in seiner Kommunikation zur Einigung.

In Deutschland unterstehen rund 135'000 Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter privater Banken dem Tarifvertrag. Dieser Gesamtarbeitsvertrag deckt bislang ein Lohnband zwischen 2'413 Euro und 5'330 Euro monatlich ab.

Auch Gutverdiener profitieren

Den Anteil der Beschäftigten, die gemäss dem mit den Gewerkschaften ausgehandelten Vertrag angestellt sind, gibt der Arbeitgeberverband mit 46,8 Prozent an. Viele Arbeitsverträge der übrigen, sogenannt «übertariflich bezahlten», Arbeitnehmer beziehen sich beim Thema Lohnerhöhung aber ebenfalls auf den Tarifvertrag.

Die Einigung mit den Gewerkschaften kommt also indirekt auch zahlreichen Gutverdienern zugute.

Schweizer Gegenmodell

In der Schweiz ist der Arbeitsmarkt im Bankensektor nicht kartellisiert. Das heisst, es gibt keinen gesetzlich bindenden, allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag.

Zwar existiert ein Gesamtarbeitsvertrag zwischen dem schweizerischen Verband Arbeitgeber Banken einerseits und dem Schweizerischer Bankpersonalverband SBPV und dem Kaufmännischen Verband andererseits.

Jährlicher Mindestlohn: 54'000 Franken

Dieser ist aber erstens nicht allgemeinverbindlich. Zweitens enthält er keine detaillierten Vorgaben zur Vergütung. Geregelt ist lediglich ein jährlicher Mindestlohn von 54'000 Franken (beziehungsweise 58'000 Franken für Angestellte mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis).

Bei Schweizer Banken ist die Vergütung also individuelle Aushandlungssache in den Firmen.

Moderates Lohnwachstum in der Schweiz

Die Personalkosten der Schweizer Privatbanken sind gemäss einer kürzlich von KPMG publizierten Analyse von 2022 auf 2023 um 3,8 Prozent gestiegen. Allerdings erklärt sich diese Steigerung nicht nur durch Änderungen beim Lohn, sondern auch durch ein Wachstum der Anzahl Stellen in Vollzeitäquivalenten um 4,1 Prozent im gleichen Zeitraum.

Auf Anfrage von finews.ch sagt Heinz Gabathuler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Fachverantwortlicher Sozialpartnerschaft beim Bankenpersonalverband, seine Organisation orientiere sich nicht an den Abschlüssen in Deutschland.

Verhandlungssaison erst im Herbst

Das System in der Schweiz sei sehr unterschiedlich. Erstens führe der Bankenpersonalverband selbst keine Lohnverhandlungen. Diese fänden in den einzelnen Firmen zwischen Personalkommission und Management statt. Zweitens würde in der Schweiz jährlich verhandelt und nicht für mehrere Jahre im Voraus.

Die nächsten Verhandlungsrunden für 2025 stehen damit im Herbst an. Zu Beginn der Verhandlungssaison werde der Bankenpersonalverband in Absprache mit den Personalkommissionen aus den Firmen einen Zielwert definieren.

«Inflation noch nicht vollumfänglich ausgeglichen»

«Im vergangenen Jahr hatten wir uns dabei an der Forderung des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes orientiert und Lohnerhöhungen von fünf Prozent anvisiert.» Dies nach der spürbaren Inflation von 2022. «Wir stellen fest, dass in den letzten Lohnrunden die Effekte der Teuerung noch nicht vollumfänglich ausgeglichen wurden.»

Den Zielwert für 2025 will der Bankenpersonalverband im September kommunizieren.