Noch immer bewegt der Niedergang der Credit Suisse die Gemüter. Doch für den ehemaligen Finanzprofessor Martin Janssen hat das Ende der CS auch eine positive Seite, wie er im Interview mit finews.tv überraschend erklärt. Als Zeitzeuge, der die Entwicklung der Bank über die vergangenen 50 Jahre hautnah verfolgt hat, kann er auch differenziert beurteilen, was das Verschwinden der CS auf dem Schweizer Finanzplatz auslöst. 

Für Martin Janssen, emeritierter Finanzprofessor der Universität Zürich, ist das Ende der Credit Suisse (CS) eine «traurige Geschichte», die allerdings auch ihre positiven Seiten hat. Denn sie zeige, dass ein mit so vielen Privilegien ausgestattetes Unternehmen wie die CS in einer Marktwirtschaft durchaus untergehen könne, wie er im Interview mit finews.tv betont.

Die Entwicklung der früheren Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) und späteren CS hat Janssen wie kaum ein anderer über die vergangenen 50 Jahre hautnah verfolgt. Er ist ein seltener Zeitzeuge, der sich noch daran erinnert, dass in seiner Studienzeit diese Bank «ein Leuchtturm» war. «Alle wollten dort arbeiten, die SKA war eine sehr attraktive Firma, und an der Universität dozierten viele Mitarbeiter der Bank», erinnert sich der Finanzexperte mit einiger Wehmut.

In den letzten zehn Jahren sei der Niedergang der CS überall zu beobachten gewesen, obschon die Leute an der Front eine «unglaublich gute Arbeit» geleistet hätten – im Asset Management oder im Firmenkundengeschäft, findet Janssen weiter. Doch mit ihren Führungsleuten und einem «eigenartigen Verwaltungsrat» hätte die CS nie überleben können. «Die Frage ist vielmehr, hätte man frühzeitig Bedingungen schaffen müssen, damit eine Credit Suisse Schweiz überleben kann», gibt der frühere Finanzprofessor zu bedenken.

Für ihn ist klar: «Die CS fehlt überall. Der Finanzplatz hat Standortattraktivität und Kompetenz eingebüsst, und der Schweiz geht es ohne eine (gesunde) CS schlechter als vorher.»

Finma ist krachend gescheitert

Hart ins Gericht geht der ehemalige Finanzprofessor mit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) ins Gericht: «In der Aufsicht gibt es grundsätzlich zwei Prinzipien: Vorschriften und Kontrolle sowie Transparenz und Wettbewerb. Ersteres hat die Finma bei der CS intensiv verfolgt und ist damit krachend gescheitert.»

«Wir müssen endlich akzeptieren, dass wir nicht in der Lage sind, zu beurteilen, wie gut es einer Bank geht. Das sollten wir dem Markt überlassen», erklärt Janssen, denn der Markt habe etliche Informationen, um die Qualität einer Firma zu beurteilen – etwa die Entwicklung der Credit Default Swaps (CDS) oder die implizite Volatilität und bestimmte Optionspreise. «Man sollte zulassen, dass diese Informationen transparent an den Markt gelangen. Doch die Finma hat dies in der Vergangenheit verhindert», sagt Janssen-

Möglichst viele grosse Risiken für die UBS

Grosse Risiken hält er denn auch nicht per se für schlecht. «Ich hoffe sehr, dass die UBS viele grosse Risiken bekommt und diese erfolgreich managen kann, um damit Geld zu verdienen. Wenn die Politik nun sagt, sie wolle die Risiken der UBS minimieren, dann hat sie das Bankgeschäft nicht verstanden», folgert Janssen.

Vielmehr gehe es darum, sinnvolle Rahmenbedingungen zu schaffen, um mit dem Kapital und den Risiken einen Gewinn und letztlich eine grössere Wertschöpfung für die Schweiz zu erzielen.

Falsche Sicherheit

«Eine international tätige Bank muss gut diversifiziert sein. Es wäre daher falsch, wenn man sie auseinander schneiden und meinen würde, man mache sie so sicherer. Wer das behauptet, hat nicht verstanden, worum es geht», sagt Janssen.

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