Die Versicherer und Vermittler seien heute vornehmlich mit sich selbst beschäftigt, sagt Stephan Wirz vom Maklerzentrums Schweiz und bemängelt, dass die neuen regulatorischen Vorgaben zu wenig Klarheit schaffen.


Herr Wirz, im Krankenkassen-Bereich ist es zum Eklat gekommen. Die Mitglieder der bisherigen Verbände schliessen sich zu einem eigenen, neuen Verband zusammen. Wird dies die Blockade lösen?

Das wird sich weisen. Zumindest zeigt es, dass im Markt keine Einigkeit herrscht. Es zeigt aber auch, dass sich die grossen Krankenversicherer zusammen einigen können, doch gibt es im Krankenversicherungsbereich noch sehr viele kleinere Versicherer. Wir befinden uns generell in einer Phase des Umbruchs.

Das heisst?

Es gibt wenig Innovationen. Überspitzt könnte man sagen: Eine Einheitskasse wurde auf dem Verordnungsweg eingeführt, nur dass es verschiedene Player gibt.

Die Branche hat also Innovationsbedarf?

Die Branche ist derzeit eher mit sich selbst beschäftigt. Man sieht es auch bei den Sachversicherern. Es gibt zwar kreative Ansätze wie beispielsweise «Pay as much as you drive», also die Berechnung der Versicherungsprämie auf Basis der gefahrenen Kilometer, jedoch gibt es allgemein nur wenig nennenswerte Neuerungen. 

Weshalb diese Blockade?

Alle Versicherer sind mit der neuen Regelung bezüglich Versicherungsvermittlung beschäftigt. Am 1. Januar 2024 sind das revidierte Versicherungsaufsichtsgesetz und die revidierte Aufsichtsverordnung in Kraft getreten.

«Überspitzt könnte man sagen: Eine Einheitskasse wurde auf dem Verordnungsweg eingeführt»

Mit dieser neuen Regulierung wurde der Vermittlerbegriff erweitert, indem nun auch Innendienstmitarbeitende mit direkter Kundenverantwortung und Online-Plattformen als Versicherungsvermittler gelten. Die ungebundenen Versicherungsvermittler müssen ihre Entschädigungen offenlegen, und es wurden allgemeine Aus- und Weiterbildungsrichtlinien eingeführt. Die Versicherungsbranche ist aktuell dabei, sich auf Mindeststandards zu einigen.

Muss dies nicht im Interesse von allen sein?

Die Neuerungen sind grundsätzlich zu begrüssen, jedoch sind viele Punkte noch unklar. Bei der Erarbeitung der Aufsichtsverordnung wurden nicht alle Marktteilnehmer miteinbezogen, was dazu geführt hat, dass viele Vorschriften nur schwer umsetzbar sind.

Was bedeutet die Vorschrift, dass ein Versicherungsvermittler nicht gleichzeitig gebunden und ungebunden sein kann? Ist «gleichzeitig» zeitlich gemeint, in Bezug auf einen Kunden, oder beschränkt auf einen Versicherungszweig? Welche Provisionen sind offenzulegen? Die Provisionen des Versicherungsvermittlers am Point-of-sale oder der Vermittlungsorganisation? Wie sieht dies bei mehrstufigen Vermittlungsorganisationen aus?

«Die Neuerungen sind grundsätzlich zu begrüssen, jedoch sind viele Punkte unklar.»

Im Krankenversicherungsbereich haben die externen Versicherungsvermittler seit der Einführung der Branchenvereinbarung einen schweren Stand, und dieser wurde durch die Revision des Versicherungsvermittlerrechts verschärft. Der Leidtragende ist am Ende des Tages der Versicherungskunde, der nun für eine Dienstleistung, die er früher aus einer Hand erhalten hat, verschiedene Beratungsgespräche in Anspruch nehmen muss.

Momentan sind sämtliche Versicherungen damit beschäftigt, ihre Mitarbeitenden zu schulen. Ich befürchte aber, dass die Übergangsfrist von zwei Jahren eher kurz bemessen ist.

Die Kapazitäten sind aktuell sehr knapp, um alle Mitarbeitenden fristgerecht auszubilden.

Sind Sie deshalb froh, dass sich das Maklerzentrum 2021 neu aufgestellt hat?

Wir hatten aufgrund der aktuellen Marktbegebenheiten wie beispielsweise der Einführung der Branchenvereinbarung oder Covid-19 entschieden, den Eigenvertrieb aufzugeben und uns auf den Betrieb einer Vermittler-Plattform zu konzentrieren.

Das Maklerzentrum Schweiz hat nun per 2024 seine Vermittlungstätigkeit an die Tochtergesellschaft MZ Consulting  ausgelagert und erbringt nun Dienstleistungen in den Bereichen Back-Office, Qualitätssicherung, Bestandespflege und Ausbildung für ihre Partnergesellschaften.

«Ich sehe, wie gross der Bedarf für eine gute Beratung ist»

Mein Herz wird immer für den Versicherungsvertrieb schlagen, denn ich komme aus dem Verkauf und sehe, wie gross der Bedarf für eine gute Beratung ist. Ein gutes Beispiel sind die Prämienverbilligungen: wer sich nicht selbst informiert und aktiv wird, geht in vielen Kantonen leer aus. Dies ist meiner Ansicht nach nicht im Sinne des Gesetzgebers.

Information tut also Not.

Richtig, die Kunden werden auch heute noch viel zu wenig gut ins Bild gesetzt. Zudem handelt es sich um sehr komplexe Themen. Die neuen Regelungen ändern daran leider nichts. Denn sie schaffen diesbezüglich keine Klarheit.


Stephan Wirz gehört der Geschäftsleitung des Maklerzentrum Schweiz an. Die Maklerzentrum-Gruppe, bestehend aus dem Maklerzentrum Schweiz und ihrer Tochtergesellschaft MZ Consulting, verfügt aktuell über 200‘000 Kunden. Sie erbringt Dienstleistungen in den Bereichen Back-Office, Qualitätssicherung, Bestandespflege und Ausbildung für ihre Partnergesellschaften.