Die Schweizer Privatbanken rühmen sich, die besten der Welt zu sein. Aber Weltspitze ist ein Spanier. Was ihn auszeichnet: Er hat das Netflix-Modell für die Vermögensverwaltung umgesetzt.
Manche Banker sind besessen von Netflix, dem amerikanischen Streaming-Dienst. Dieser gilt als Pionier im Einsatz von intelligenten Algorithmen, welche für den Kunden entscheiden, welche Serie oder welchen Film er gerade anschauen soll. Netflix sammelt mit jedem neuen Login des Kunden auf seiner Video-Plattform weitere Informationen und Daten, um seinen Streaming-Dienst vollkommen auf jeden einzelnen Kundenwunsch ausrichten zu können.
Das Geschäftsmodell von Netflix mit preislich gestuften Basis-, Standard- und Premium-Monatsabonnements ist zudem genau das, was die unter Margendruck leidenden Privatbanken wollen: Vorhersehbare Ertragsströme von jedem einzelnen Kunden.
Caixa Bank? Transformation geschafft
Intelligente Algorithmen sind bei den Schweizer Banken bereits vereinzelt im Einsatz, um Kunden Produkte, Anlageideen oder Dienstleistungen vorzuschlagen. Womöglich den besten Job macht diesbezüglich aber eine spanische Bank: Die CaixaBank mit Sitz in Barcelona und gut 73 Milliarden Euro verwalteten Vermögen. Deren Private-Banking-Chef Victor Allende geniesst seit Jahren international einen hervorragenden Ruf.
Ihm ist eine Transformation der Vermögensverwaltung gelungen, die einerseits auf der Basis einer ausgeklügelten technologischen Plattform funktioniert und andererseits von 600 Beratungs- und Anlagespezialisten aus dem Caixa-Netzwerk. Allende hat das Geschäftsmodell konsequent auf fixe Gebühren ausgerichtet, das acht verschiedene Kundengruppen und ihre Ansprüche und Dienstleistungen berücksichtigt.
Der Algorithmus bestimmt die Kundenbeziehung
Hybrides Beratungsmodell oder Netflix: Allende ist ein Vorreiter des digitalen Private Bankings, in dem ein Algorithmus die potenzielle Beziehung zwischen Berater und Kunde vordefiniert, aus welcher Angebote entstehen und Erträge fliessen. Der Kunde kann die Tiefe der Beziehung mit dem Berater wählen und bezahlt entsprechend genau dafür, was er wünscht.
Die Transformation der Caix aBank startete im Jahr 2015 gezwungenermassen. Eine Reihe von Akquisitionen musste integriert werden. Eine neue IT-Plattform war notwendig, welche es erlauben würde, die Kunden aus einem Execution-only- in ein diskretionäres Gebührenmodell zu führen.
Allende hat diesbezüglich den besten Job aller Private-Banking-Manager gemacht – zumindest in den Augen der Juroren der PWM/The Banker Awards (zur britischen Zeitung «Financial Times» gehörend), die ihm für 2020 den Titel «Best Leader in Private Banking» verliehen haben.
Zahlen, wenn es zusätzlichen Wert bringt
«Ich erinnere mich, als es noch hiess, die Spanier bezahlen nicht für eine Bankberatung. Das ist Unsinn – jeder bezahlt gerne für etwas, von dem er glaubt, dass es einen zusätzlichen Wert hat», sagte Allende gegenüber «The Banker».
Das Netflix- und Gebührenmodell macht in der Banken-Beraterbranche seit einigen Jahren die Runde. Berater der Aite Group haben letztes Jahr bei einer Umfrage unter US-Bankkunden festgestellt, dass gerade im Affluent-Bereich die Zahlbereitschaft für Beratung unter «Millennial»-Kunden hoch ist, sofern Preis und Leistung transparent bleiben.
Nicht erfunden, nur richtig umgesetzt
Allende, der früher für Morgan Stanley in Spanien tätig war, reklamiert den Erfolg dieser Transformation nicht für sich selber. «Wir haben nichts erfunden», sagte er gegenüber der Nachrichtenseite PWM. Er sei nur etwas herumgereist, um zu schauen, wie es die anderen Banken bereits machten und habe das dann kopiert.
Der Unterschied liege darin, Caixa Bank sei weiter als andere Institute gegangen, die Best Practices zusammenzusetzen. «Und noch wichtiger: Wir haben sie voller Überzeugung implementiert.»