Die FIG-Einheit gilt als Paradepferd der UBS im Investmentbanking. Doch bei der Rettung der maroden italienischen Bank Monte dei Paschi zog sie den Kürzeren. Was hinter dem überraschenden Rückschlag steckt.
Die Vermögensverwaltung mag das Kerngeschäft der UBS sein. Was nicht heissen will, dass die Schweizer Grossbank im Investmentbanking keine Ambitionen hegt.
Andrea Orcel, ein Intimus von Chef Sergio Ermotti, führt das UBS-Investmentbanking mit dem erklärten Ziel, dieses zu einer der ersten Adressen im klassischen Beratungsgeschäft bei Fusionen und Übernahmen (M&A) aufzubauen.
Internes Powerhouse
Inmitten dieses Plans gibt es eine Einheit, die besonders zum Brillieren verdammt ist: Die Beratung von Finanzfirmen, besser bekannt als die Financial Institutions Group (FIG).
Die FIG ist ein internes «Powerhouse» mit Tradition. In ihr steckt noch die DNA der Londoner Handelsbank S.G. Warburg, welche die UBS (der damalige Schweizerische Bankverein) 1995 übernommen hatte.
Warburg-Banker wie Ian Hart, der kürzlich wieder als Verwaltungsrat zur UBS in Grossbritannien stiess, schrieben mit ihren kühnen Übernahme-Coups Investmentbank-Geschichte.
Wo John Cryan seine Sporen abverdiente
John Cryan, ex-UBS-Finanzchef und heute viel geforderter CEO der gebeutelten Deutschen Bank, hatte in der FIG seine Sporen abverdient.
Grosse Geschichte, grosse Namen, grosse Deals – kein Wunder, gilt die FIG in der Bankbranche als Paradepferd der UBS. Umso grösser das Geraune unter den Investmentbankern in Europa, als die erfolgsverwöhnte Sparte dieser Tage scheinbar eine herbe Niederlage einstecken musste.
Die Ferrari-Banker stiegen ins Rennen
Seit Monaten versuchten nämlich Cryans frühere Kollegen, einen Käufer für die marode italienische Bank Monte dei Paschi zu finden. Erfolglos – obwohl die Schweizer Grossbank und das älteste noch existierende Geldhaus der Welt ein starkes Band verbindet.
Zusammen mit der amerikanischen Citigroup ist die UBS die Hausbank des vor 544 Jahren gegründeten Instituts. Orcel persönlich hatte frühere Kapitalisierungs-Runden geleitet und die Rettung der krisengeschüttelten Bank mit seinem Namen verbunden.
Ebenfalls an einer Lösung für Monte dei Paschi arbeiteten Riccardo Mulone, Co-Chef der UBS in Investmentbank in Italien. Er gehörte dem «Ferrari-Team» an, das 2015 unter der Leitung von CEO Ermotti persönlich den Börsengang des Rennwagenbauers aufgleiste.
Match geht an Aussenseiter
Mulone war auch an der Seite Ex-UBS-Verwaltungsrat Sergio Marchionne, als dieser mit dem Autobauer Fiat die in Nöte geratene amerikanische Chrysler übernahm.
Ermotti, Orcel, Mulone – das Investmentbanking in Italien ist für sie ein Heimspiel. Und sie alle dürften sich für die FIG in Sachen Monte dei Paschi ins Zeug gelegt haben.
Der Match ging jedoch an einen Aussenseiter. Die amerikanische Konkurrentin J.P. Morgan holte den Deal. Sie bot den erneut in Nöte geratenen Italienern eine Kapitalerhöhung über 5 Milliarden Euro an – möglicherweise mehr als die Offerte der UBS – inklusive einer Brückenfinanzierung von rund 6 Milliarden Euro.
Längere Bilanz, bessere Story?
Dabei konnten die Amerikaner ihre starke Bilanz spielen lassen. Die UBS, der noch 3 Milliarden Franken zu den neuen Eigenkapital-Zielen von 2019 fehlen, musste wohl mit ihrem Buch deutlich haushälterischer umgehen.
Laut Investmentbankern hat J.P. Morgan aber vermutlich nicht nur deswegen das Rennen gemacht. Mindestens ebenso sehr wie die nötigen Milliarden zählt in diesem Geschäft eine gute Story – eine, an welche die künftigen Investoren glauben können.
Nach dem Rückfall von Monte dei Paschi in die Krise war die Hausbank als Autorin einer neuen Story angezählt, sagen diese Quellen. Umso mehr, als die Rettung der Bank in Italien eine eminent politische Dimension hat.
Politiker Jamie Dimon
Eine neue Geschichte musste her – und J.P. Morgan wusste sie brillant zu erzählen. CEO Jamie Dimon persönlich bekannte sich zu Monte dei Paschi, und sandte zusammen mit seinem Untergebenen Vittorio Grilli, einem Ex-Finanzminister Italiens, auch ein gewichtiges politisches Signal an den Staat am Stiefel.
Das kam an – und J.P. Morgan winken nun Hunderte Millionen Euro an Gebühren, welche die Bank bei geglückter Transaktion einstreichen kann. Die UBS machte hingegen den Zweiten. In Italien, im FIG-Geschäft, dort, wo es am meisten schmerzt.
Doch von einem Debakel zu sprechen, wäre übertrieben. Denn die Schweizer haben das Terrain bis zuletzt mit Zähnen und Klauen verteidigt.
Keine kampflose Niederlage
So wandte sich Corrado Passera, ein einflussreicher Banker und früherer Industrie-Minister, mit einem zusammen mit der UBS ausgearbeiteten Plan an die italienische Regierung.
Dieses «Sponsoring» eines Alternativ-Vorschlags gilt im Investmentbanking als geeignetes Mittel, um sich im Spiel zu halten, wenn die Niederlage droht. Doch diesmal verfing es nicht.
Dass die UBS FIG in der Regel nicht nur zu kämpfen, sondern auch zu siegen weiss, zeigte sich indes in den letzten Monaten. So begleitete die UBS Anfang August aufseiten der EverBank den 2,5-Milliarden-Dollar-schweren Verkauf des Instituts aus Florida.
Beim grössten Deal im Mittleren Osten mit dabei
Genauso tat Orcels FIG-Team kürzlich bei der Fusion der First Gulf Bank mit der National Bank of Abu Dhabi mit – der Deal im Gegenwert von 29 Milliarden Dollar gilt als die bis dato grösste Fusion im Mittleren Osten.
Noch ganze 27 Milliarden Euro bringt die Hochzeit zwischen der London Stock Exchange und der Deutschen Börse auf die Waage, deren Chef Karsten Kengeter ehemals die UBS-Investmentbank leitete. Hier arbeiteten Orcels Mannen aber für die Londoner.
Die Trophäe heimgetragen
In China agierte die UBS zudem als «buy-side advisor» für die China Cinda, als diese für 8,8 Milliarden Dollar die Nanyang Commercial Bank kaufte.
In den im Investmentbanking wie als ultimative Trophäe geltenden «League Tables» des Analysehauses Dealogic bringt es die UBS in Sachen FIG-Fusionen damit auf den zweiten Platz weltweit – hinter J.P. Morgan.
Eine Verliererin sieht anders aus.